Bootsflüchtlinge: Die Verzweiflung wächst

Fast 250 Migranten warten auf Rettungsschiffen an der Ostküste Siziliens darauf, endlich an Land gehen zu dürfen. Zwar konnten zahlreiche der aus Seenot geretteten Menschen sowohl von der “Humanity 1” als auch von der “Geo Barents” italienischen Boden betreten. Doch 214 Personen an Bord der von “Ärzte ohne Grenzen” betriebenen “Geo Barents” dürfen das Schiff vorerst nicht verlassen. Auch bei der unter deutscher Flagge fahrenden “Humanity 1” müssen 35 Männer an Bord bleiben.

“Ich kann den Hafen auf keinen Fall verlassen, wenn diese Leute noch an Bord sind”, sagte der Kapitän der “Humanity 1” bei einer spontanen Pressekonferenz im Hafen von Catania. “Ich bin wirklich wütend und traurig, dass ich zu einer illegalen Tat gedrängt werde”. Die Stimmung unter den Überlebenden sei “extrem gedrückt”, berichtet Petra Krischok, Sprecherin der Seenotrettungsorganisation SOS Humanity. Einige Menschen wollten nicht mehr wie gewohnt essen.

Auf See warten weitere Schiffe

Drei Migranten von der “Geo Barents” sprangen ins Hafenbecken, um ans Festland zu schwimmen. Sie wurden von der Küstenwache aus dem Wasser geholt und blieben Medienberichten zufolge unverletzt. Am Hafenkai war zu hören, wie Menschen auf den Schiffen um Hilfe riefen.

Die Retter argumentieren, dass Gerettete nach internationalem Recht am nächsten, sicheren Hafen an Bord gehen dürften. Derweil kreuzen vor der Küste Siziliens zwei weitere Schiffe. Eines davon ist die “Rise Above” der Dresdner Organisation Mission Lifeline mit knapp 90 Migranten, der langsam der Treibstoff ausgeht. Der NGO wurde von den italienischen Behörden inzwischen Reggio Calabria als Hafen zum Anlegen zugewiesen. Auf der “Ocean Viking” von SOS Méditerranée mussten indes mehr als 230 Menschen ausharren.

1337 Ertrunkene – von denen man weiß

Die Vereinten Nationen fordern ein Einlenken. “Für alle verbliebenen Überlebenden auf allen vier Schiffen auf See wird dringend eine Lösung benötigt”, heißt es von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Die Staaten in der Region sollten einen sicheren Ort anbieten, an dem die Migranten von Bord gehen könnten. Grundsätzlich sei aufgrund der brisanten Lage und der vielen Ertrunkenen eine sinnvolle Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen allen betroffenen Staaten dringend geboten.

Laut IOM verschwanden in diesem Jahr mindestens 1337 Menschen auf der Migrationsroute im zentralen Mittelmeer.

rb/qu (AFP, dpa, epd)