Unermüdlich lief er den Gegner an, bewegte sich geschickt über den Platz, um Räume zu schließen, ging immer wieder in die Zweikämpf und eroberte Bälle – und natürlich tat er nebenbei verlässlich auch das, was er am besten kann: Pässe sicher zum Mitspieler bringen.
Toni Kroos war im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League zwischen dem FC Chelsea und Real Madrid nicht der auffälligste Spieler, aber einer der effektivsten. Als eine Art „defensiver Dirigent“ oder „bällesaugender Regisseur“ seiner Mannschaft war der ehemalige deutsche Nationalspieler entscheidend daran beteiligt, dass die „Königlichen“ aus Madrid – trotz einiger Chancen für Chelsea – letztlich einen eher stressfreien Abend erlebten und zum dritten Mal in Folge ins Halbfinale der Königsklasse einzogen. Wie bereits im Hinspiel gewannen die Madrilenen mit 2:0 – mit Kroos als zentralem Ruhepol.
„Ich glaube, dass wir eine Mannschaft haben, die ein schon bisschen was erlebt hat, vor allem zusammen ein bisschen was erlebt hat“, erklärte Kroos im Interview mit dem Streaming-Portal Amazon prime den Erfolg. „Wir mussten in vielen Spielen sehr viel leiden. Und wenn du solche Phasen überstehst und trotzdem am Ende als Sieger daraus hervorgehst, dann gibt dir das in Phasen, in denen es nicht so läuft oder der Gegner mal eine Chance hat, die Ruhe und das Vertrauen, es doch irgendwie hinzubekommen.“
Kroos – je älter, desto besser
Kroos, der bereits seit 2014 für Real Madrid spielt, den „Mythos“, wie er selbst seinen Verein nennt, ist mittlerweile 33 Jahre alt. Er scheint aber offenbar immer noch in der Lage zu sein, sich weiterzuentwickeln. Bislang galt Kroos als verlässliche aber eher biedere und wenig risikofreudige „Passmaschine“, die ab und zu auch mal mit einem Fernschuss ein Tor erzielt.
Der neue und der alte Sechser von Real Madrid: Toni Kroos (l.) und Casemiro (2.v.l.)
Das liefert Kroos nach wie vor. Allerdings ist er im System der aktuellen Real-Mannschaft nach dem Abgang des Brasilianers Casemiro zu Manchester United defensiv viel aktiver und stärker gefragt als zuvor. Casemiro ging als zentraler, defensiver Mittelfeldspieler keinem Zweikampf aus dem Weg und hielt Kroos und Luka Modric, die vor ihm postiert waren, den Rücken frei. Diese Aufgabe hat nun Kroos übernommen und er erfüllt sie mit Bravour. Obwohl es ihm, dem eher filigranen Achter, nur wenige zugetraut hätten, überzeugt Kroos auch als bissiger und zweikampfstarker Sechser.
19 Trophäen in neun Jahren
Der erfolgreichste deutsche Fußballspieler ist Kroos bereits. Neben der WM im Jahr 2014 hat er insgesamt fünfmal die Champions League gewonnen – viermal mit den Madrilenen, zuvor einmal mit dem FC Bayern München. Hinzu kamen etliche weitere Titel, die er mit Madrid sammelte, insgesamt steht er aktuell bei 19 Trophäen in neun Jahren. Weitere acht aus seiner Münchener Zeit kommen hinzu.
Giftige Grätsche statt feiner Klinge: Toni Kroos beweist in seiner neuen Rolle Abräumerqualitäten
Und das Titelsammeln mit den „Königlichen“ ist für Kroos noch nicht vorbei: Zwar geht die spanische Meisterschaft in dieser Saison wohl an den Erzrivalen FC Barcelona, jedoch steht Real im Pokalfinale und ist dort gegen CA Osasuna haushoher Favorit. Und auch in der Champions League geht nach dem Sieg beim FC Chelsea für die „Königlichen“ der Traum von der erfolgreichen Titelverteidigung und dem insgesamt 15. Gewinn des wichtigsten europäischen Vereinswettbewerbs weiter. Im Halbfinale wartet der Sieger des Duells zwischen Manchester City und dem FC Bayern München, das am Mittwochabend entschieden wird – nach dem 3:0-Erfolg im Hinspiel mit großen Vorteilen für City.
Noch ein Jahr Madrid?
Stimmen die neuesten Medienberichte, dann ist auch nach der Saison für Kroos noch nicht Schluss. Dass er nach seiner Zeit bei den Madrilenen für keinen anderen Verein mehr spielen möchte, hat er bereits angekündigt. Allerdings ist bisher unklar, wie lange diese Zeit noch dauern wird und ob er nicht vielleicht doch im Sommer seine Karriere beendet. Nach einem Bericht der Zeitung „Marca“ soll Kroos seinen im Sommer auslaufenden Vertrag mit Real aber um eine weitere Saison verlängern wollen. Die Verantwortlichen Real Madrids wären wohl verrückt, wenn sie diesem Wunsch nicht entsprechen würden – schließlich wird Toni Kroos, je älter er wird, immer besser.
„Es ist alles auf einem guten Weg“, sagte Kroos bei Amazon prime, ohne die Vertragsverlängerung definitiv bestätigen zu wollen. „Aber es ist auch so, dass ich respektiere, was der Verein möchte, wie was wann kommuniziert wird. Es ist ein großes Vertrauensverhältnis zwischen dem Verein und mir da – und so wird das dann höchstwahrscheinlich noch eine Zeit weitergehen.“
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FC Chelsea – Real Madrid 0:2 (0:0) / Hinspiel: 0:2
Tore: 0:1 Rodrygo (56.), 0:2 Rodrygo (80.)
Zuschauer: 39.453
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 10: Zlatan Ibrahimovic – 48 Tore*
Der schwedische Stürmer ist ein Wandervogel. Da überrascht es kaum, dass Zlatan Ibrahimovic seine insgesamt 48 Treffer in der Champions League für sechs verschiedene Vereine erzielte: Ajax Amsterdam (6), Juventus Turin (3), Inter Mailand (6), FC Barcelona (4), AC Mailand (9) und Paris St. Germain (20). Gewonnen hat er die Champions League noch nie. (*Stand 13. April 2023)
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 10: Andriy Shevchenko – 48 Tore
Der Ukrainer traf – wie Ibrahimovic – in der Champions League 48-mal, im Unterschied zu dem Schweden aber hat er längst seine Karriere beendet. Im Jahr 2003 gewann Shevchenko die Königsklasse mit dem AC Mailand. 29 Champions-League-Tore erzielte der Stürmer für Milan, 15 für Dynamo Kiew und vier für den FC Chelsea.
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 9: Alfredo di Stefano – 49 Tore
Elf Jahre lang spielte der argentinische Stürmer für Real Madrid. Die Champions League hieß damals noch Europapokal der Landesmeister. Fünfmal in Serie, von 1956 bis 1960, triumphierten die „Königlichen“ in der Königsklasse – nicht zuletzt dank der 49 Tore Alfredo di Stefanos. Der Argentinier gehörte damals zu den besten Spielern der Welt. Di Stefano starb 2014.
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 8: Thierry Henry – 50 Tore
Ein halbes Hundert Treffer in der Champions League steuerte der Stürmer aus Frankreich in seiner langen Karriere bei: für die AS Monaco (7), den FC Arsenal (35) und den FC Barcelona (8). Einmal – mit Barça – gewann der Weltmeister von 1998 auch die Trophäe. Am Stadion des FC Arsenal steht eine Bronzestatue Henrys. Der Franzose ist Rekordtorschütze der „Gunners“.
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 7: Thomas Müller – 53 Tore*
Die Champions League und Thomas Müller, das scheint zu passen. Gleich bei seinem Debüt in der Königsklasse, beim 7:1 des FC Bayern gegen Sporting Lissabon im März 2009, erzielte der damals 19-Jährige den ersten seiner bislang 53 Champions-League-Treffer. Zweimal – 2013 und 2020 – gewann er mit den Münchenern die begehrte Trophäe. (*Stand 13. April 2023)
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 6: Ruud van Nistelrooy – 56 Tore
Für drei Vereine traf der niederländische Mittelstürmer Rutgerus Johannes Martinus van Nistelrooij, wie er eigentlich korrekt heißt, in der Champions League: erst für die PSV Eindhoven (8 Tore), dann für Manchester United (35) und schließlich auch für Real Madrid (13). Zu einem Champions-League-Titel reichte es für Ruud van Nistelrooy nicht, in drei Saisons wurde er aber Torschützenkönig.
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 5: Raul Gonzalez Blanco – 71 Tore
Raul ist bei Real Madrid eine Legende. Der langjährige Kapitän bestritt für die „Königlichen“ so viele Spiele wie kein anderer Fußballer: allein 550 Partien in der spanischen Liga und 132 in der Champions League. Dreimal triumphierte er mit Real in der Königsklasse. Fünf seiner 71 Champions-League-Tore erzielte Raul bei seinem zweijährigen Gastspiel für den FC Schalke 04.
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 4: Karim Benzema – 90 Tore*
Mit 18 Jahren gelang dem Franzosen sein erstes Champions-League-Tor, damals noch für Olympique Lyon. Seit 2009 gehört Benzema zu den „Königlichen“ aus Madrid, mit denen er fünfmal in der Königsklasse triumphierte. Der Franzose spielt seit einem Fingerbruch im Januar 2019 mit Handbandage – ob aus Aberglaube oder medizinischer Notwendigkeit, darüber wird spekuliert. (*Stand 13. April 2023)
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 3: Robert Lewandowski – 91 Tore*
Auf Platz drei steht mit Ex-Bayern-Torjäger Lewandowski ein Champions-League-Sieger und zweimaliger Weltfußballer. Gleich beide Titel sicherte sich der Pole 2020 – in einem für ihn überragenden Jahr, in dem er auch Torschützenkönig der Champions League wurde. Für seinen Ex-Verein Borussia Dortmund traf er 17-mal, für die Bayern 69-mal und für den FC Barcelona fünfmal. (*Stand 13. April 2023)
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 2: Lionel Messi – 129 Tore*
Wenn der FC Barcelona sich zwischen 2004 und 2021 auf etwas verlassen konnte, dann auf den Torinstinkt Lionel Messis. 120-mal traf der kleine Argentinier für die Katalanen in der Königsklasse, nun geht er für Paris St. Germain auf Torejagd. In sechs Saisons war der sechsmalige Weltfußballer bester Torjäger der Champions League. Viermal holte er mit Barça den Henkelpott. (*Stand 13. April 2023)
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Die Top-Torjäger der Champions League
Platz 1: Cristiano Ronaldo – 140 Tore*
Fünfmal hat der Superstar aus Portugal die Champions League gewonnen. Egal für wen er auflief, ob für Manchester United (21 Tore), Real Madrid (105) oder Juventus Turin (14), Cristiano Ronaldo traf zuverlässig. Souverän führt der fünfmalige Weltfußballer, der inzwischen in Saudi-Arabien sein Geld verdient, die „ewige“ Torjägerliste in Europas Königsklasse an. (*Stand 13. April 2023)
Autorin/Autor: Stefan Nestler