Demonstration in Prag gegen die Regierung

Unter dem Motto “Tschechien an erster Stelle” versammelten sich die Menschen am Nationalfeiertag auf dem zentralen Prager Wenzelsplatz. Die Organisatoren, die für ihre pro-russischen Ansichten und ihren Widerstand gegen Corona-Impfstoffe bekannt sind, forderten die militärische Neutralität für Tschechien – obwohl Tschechien NATO-Mitglied ist – und ein Ende der Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg mit Waffen und Geld. Zudem verlangten sie ein Ende der EU-Sanktionspolitik gegen Russland. Der regierenden Mitte-Rechts-Koalition warfen sie vor, der Ukraine mehr Aufmerksamkeit zu schenken als der eigenen Bevölkerung.

Tschechien Anti-Regierungsprotesten in Prag

“Tschechien an erster Stelle”: Anspielung auf den nationalistischen Slogan des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump

Auch angesichts der steigenden Energie-, Lebensmittel- und Wohnungspreise und der Angst vor einer Gasmangellage im Winter forderten die Demonstranten den Rücktritt der Regierung unter dem liberalkonservativen Premierminister Petr Fiala. Die Menge skandierte “Rücktritt!” und schwenkte dabei Nationalflaggen. Unter den Rednern war auch der frühere Ministerpräsident und ehemalige Sozialdemokrat Jiri Paroubek. “Wir müssen alle zu Recht Angst haben, dass es kein Erdgas geben wird”, kritisierte der 70-Jährige. Man stehe am Beginn einer großen Krise.

Regierung will sich dem Druck der Demonstranten nicht beugen

Die Mitte-Rechts-Koalition aus fünf Parteien hat die Forderungen der Demonstranten zurückgewiesen. “Wir wissen, wer unser Freund ist und wer für unsere Freiheit blutet”, twitterte Innenminister Vit Rakusan mit Blick auf die Unterstützung für die Ukraine. “Und wir wissen auch, wer unser Feind ist.”

Bereits Anfang September hatten rund 70.000 Menschen in Prag aus den gleichen Gründen gegen die Regierung demonstriert. Nach Polizeiangaben beteiligten sich am Nationalfeiertag weniger Menschen. Diesmal habe die Teilnehmerzahl in den “unteren Zehntausenden” gelegen.

Tschechien hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. Das Land mit seinen 10,5 Millionen Einwohnern hat die Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland mit erheblicher humanitärer und militärischer Hilfe unterstützt und rund 400.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge aufgenommen.

Fiala und mehrere Minister wollen am Montag zu einem gemeinsamen Treffen der tschechischen und ukrainischen Regierung nach Kiew reisen.

qu/fw (dpa, ap, afp)