Kallas gewinnt Parlamentswahl in Estland

In Estland hat Regierungschefin Kaja Kallas die Parlamentswahl klar für sich entschieden. Ihre wirtschaftsliberale Reformpartei erhielt knapp 32 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission des EU- und NATO-Landes auf Basis vorläufiger Ergebnisse mitteilte. Dahinter liegen zwei Oppositionskräfte: die rechtspopulistische Estnische Konservative Volkspartei (EKRE) mit rund 16 Prozent, was wohl auch die wachsenden Sorgen der Bürger vor hohen Preisen für Energie und Lebenshaltung im Zuge des Ukraine-Kriegs widerspiegelt. Die mitte-links verortete Zentrumspartei holte fast 15 Prozent.

Größter Gewinner ist die liberale Partei Eesti 200, die mit fast 14 Prozent erstmals in das Parlament in Tallinn einziehen wird. Auf den weiteren Plätzen folgen Kallas’ bisherige Koalitionspartner: die Sozialdemokraten (gut 9 Prozent) und die konservative Partei Isamaa (gut 8 Prozent). 

Parlamentswahlen in Estland | Stimmauszählung in Tallinn

Auszählung klassischer Papierstimmzettel in Tallinn

Die seit 2021 als erste Frau an der Regierungsspitze Estlands stehende Kallas gilt in Europa als eine der resolutesten UnterstützerInnen der von Russland angegriffenen Ukraine. Ihre Partei sei nach der Wahl in einer starken Position, um eine Koalitionsregierung zu bilden, die weiterhin Druck auf Russland ausüben werde, erklärte die 45-Jährige. “Wir müssen in unsere Sicherheit investieren, unser aggressiver Nachbar ist nicht verschwunden und wird auch nicht verschwinden, also müssen wir damit arbeiten”, betonte Kallas.

Auch im Mittelpunkt des Wahlkampfs stand – neben sozialpolitischen Themen – Russlands Angriffskrieg und dessen Auswirkungen auf die nationale Sicherheit Estlands, das direkt an Russland grenzt.

Viel “E-Voting”

Eine Besonderheit der Wahl war die Möglichkeit zur Stimmabgabe über das Internet, die Estland als erstes Land in Europa eingeführt hatte. Am sogenannten “E-Voting” nahmen mehr als ein Drittel aller Wahlberechtigten teil. Insgesamt wurden über die Hälfte aller abgegebenen Stimmen digital getätigt – beides ein neuer Rekord. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 64 Prozent.

wa/ack (dpa, rtr, afp)