Kaum Wahlbeteiligung in Tunesien

Begleitet von Boykottaufrufen der Opposition ist in Tunesien ein neues Parlament gewählt worden. Dabei zeichnete sich eine sehr niedrige Wahlbeteiligung ab. Diese habe bei 8,8 Prozent gelegen, teilte die Wahlkommission nach Schließung der Wahllokale mit. Nach vorläufigen Ergebnissen haben demnach rund 803.000 Tunesier ihre Stimme abgegeben. In dem Land leben rund zwölf Millionen Menschen. Die meisten Parteien hatten zum Boykott der Wahl aufgerufen.

Damit findet der von Präsident Kais Saied betriebene Umbau des Staates kaum Rückhalt in der Bevölkerung. Noch am Samstagmorgen hatte der 64-Jährige an die Tunesier appelliert, wählen zu gehen. An der vorletzten Parlamentswahl 2019 hatten sich 40 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt.

Tunesien Tunis | Parlamentswahl | Stimmabgabe Präsident Kais Saied

Nach seiner Stimmabgaben rief Präsident Kais Saied seine Landsleute zur Teilnahme an der Wahl auf

Präsident Kais Saied hatte im vergangenen Jahr das Parlament aufgelöst und regiert seitdem per Dekret. Mit einer Verfassungsreform hat er die präsidialen Vollmachten ausgeweitet. So wählt etwa der Präsident den Ministerpräsidenten aus. Um die 161 Parlamentssitze bewerben sich 1058 meist Partei-ungebundene Kandidaten, darunter 120 Frauen.

Tunesien galt seit dem Ausbruch des Arabischen Frühlings 2011 als Hoffnungsträger für eine Demokratisierung der Region. Kritiker fürchten, dass sich mit der Abstimmung nun der letzte demokratische Staat in Nordafrika endgültig in ein autokratisch regiertes Land verwandelt. Die Enttäuschung in der Bevölkerung über das politische System ist angesichts einer Wirtschaftskrise und wachsender Armut groß.

uh/jj (rtr, afp, dpa)