Meinung: Der Videobeweis funktioniert nicht

Manchmal fragt man sich als Außenstehender wirklich, wozu es einen Videoassistenten gibt. Für ein weiteres (nicht nachzuvollziehendes) Beispiel sorgte die Partie zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund. Kurz vor der Pause versetzte Dortmunds Karim Adeyemi seinem Gegenspieler Jesper Lindström mit beiden Händen einen heftigen Stoß in den Rücken. Der Däne in Diensten Eintracht Frankfurts flog förmlich vorne über, landete bäuchlings auf dem Ball, den er eigentlich gerade ins Tor schießen wollte und Schiedsrichter Sascha Stegemann entschied auf – Handspiel.

Unterschiedliche Sichtweisen

Handspiel? Ernsthaft? Zugegeben, es war eine hektische Szene, in der alles recht schnell passierte. Stegemann hatte Adeyemis eindeutigen Schubser auf dem Platz nicht gesehen. So erzählte er es nach dem Spiel im Interview. Und es ehrte Stegemann, dass er angesichts der eindeutigen Zeitlupen auch zugab, damit falsch entschieden zu haben. Völlig unverständlich ist allerdings, dass der Videoassistent (VAR) sich nicht einschaltete und den Kollegen auf dem Platz auf seinen Fehler aufmerksam machte. Laut Stegemann wurde die Szene während des Spiels sogar gecheckt, aber im berühmten “Kölner Keller” konnte man beim besten Willen kein Foul erkennen. Nicht nachvollziehbar! Genau so wenig wie die Tatsache, dass der VAR Stegemann nicht aufforderte, sich die Szene selbst noch einmal anzuschauen.

DW-Redakteur Andreas Sten-Ziemons

Andreas Sten-Ziemons

An jedem Spieltag werden Spiele unterbrochen und Schiedsrichter vom VAR wegen Kleinigkeiten an den Monitor an der Seitenlinie gebeten. Kleinigkeiten zumindest im Vergleich mit Adeyemis klarem Schubser. Hätte Lindström das Tor gemacht – es wäre die 2:1-Fünrung für Frankfurt gewesen – und hätte Adeyemi wegen des Verhinderns einer klaren Torchance konsequenterweise auch eine rote Karte gesehen, wäre das Spiel möglicherweise anders ausgegangen. So gewannen am Ende die Dortmunder mit 2:1.

Der Videobeweis sollte den Fußball eigentlich gerechter machen. Und laut den selbst ermittelten Statistiken des Deutschen-Fußballbunds (DFB) tut er das auch. Von einem “Erfolgsmodell” sprach Videobeweis-Projektleiter Jochen Drees zuletzt gegenüber dem “Kicker”. Er gab an: “Wir haben über 100 korrigierte Fehlentscheidungen in der abgelaufenen Bundesligasaison. Es gibt keine Abseitstore mehr, keine Schwalben mehr, keine Tätlichkeiten mehr.”

Keine Einheitlichkeit

Schön, wenn man das beim DFB so sieht! Das große Manko ist allerdings, dass es seit seiner Einführung vor über fünf Jahren beim Videobeweis einfach keine Einheitlichkeit gibt. So werden manchmal aus Kinkerlitzchen, die man erst in der x-ten Zeitlupeneinstellung überhaupt erkennen kann, rote Karten oder Elfmeter, manchmal aber gibt es trotz glasklarer Situationen noch nicht einmal eine Überprüfung.

“Das sieht scheiße aus!”, gab auch BVB-Torhüter Gregor Kobel zu, als er nach dem Spiel beim TV-Sender Sky die Zeitlupen präsentiert bekam. Völlig richtig! Und Gleiches gilt auch für das Gesamtbild, das die Videoassistenten in schöner Regelmäßigkeit abgeben.