Saudi-Arabien: Jahrzehntelange Haftstrafe wegen eines Twitter-Kontos

Weil sie bei Twitter ein Konto hatte, Aktivisten folgte und deren Beiträge teilte, ist eine Frau in Saudi-Arabien zu 34 Jahren Haft verurteilt worden. Durch ihre Aktivitäten bei dem Online-Dienst habe Salma al-Schihab die “gesellschaftliche und staatliche Sicherheit destabilisiert”, zitierte die Menschenrechtsorganisation GCHR aus den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Es sei die härteste Strafe, die im Land jemals gegen eine Aktivistin oder einen Aktivisten verhängt wurde.

Einsatz für Frauenrechte

Die Mutter zweier Kinder, die nur rund 2600 Follower auf Twitter hat, veröffentlichte regelmäßig Botschaften, in denen sie sich für die Rechte der Frauen in dem konservativen Königreich einsetzte. “Ich lehne Ungerechtigkeit ab”, hatte Salma al-Schihab in einem Tweet 2019 geschrieben. Ende 2020 hatte sie “Freiheit für die Häftlinge des Patriarchats” gefordert. Die Richter begründeten die harte Strafe im Berufungsurteil auch mit dem Kampf gegen Terrorismus.

Screenshot des Twitter-Kontos

Twitter-Konto von Salma al-Schihab

Zunächst deutlich milderes Urteil

In erster Instanz war sie im Juni zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, davon drei Jahre auf Bewährung. Das Urteil des Berufungsgerichts vom 9. August fiel nun erheblich härter aus: An die 34-jährige Haftstrafe schließt sich ein genauso langes Verbot an, das Land zu verlassen. Das Urteil kann innerhalb von 30 Tagen vor dem Obersten Gerichtshof angefochten werden.

Fataler Urlaub in der Heimat

Die Doktorandin der Zahnmedizin an der Universität Leeds in England war im Januar 2021 während eines Urlaubs in Saudi-Arabien festgenommen worden. Al-Schihab habe niemals gedacht, “dass ihre Twitter-Aktivitäten ihr Probleme bereiten könnten”, erzählte eine Freundin, die anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP. “Ihre Verhaftung hat uns überrascht”.

“Übermäßig strenge Unterdrückung” durch das Königshaus

Die Menschenrechtsorganisation ALQST aus London verurteilte lange Haftstrafe vor dem Hintergrund einer “ohnehin schon übermäßig strengen Unterdrückung”. Unter dem herrschenden saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman hat es verschiedene Reformen zugunsten von Frauen gegeben, darunter die Aufhebung des Fahrverbots und des Kopftuchzwangs. Gleichzeitig geht die Regierung jedoch im Rahmen einer breit angelegten Kampagne gegen Andersdenkende auch hart gegen Frauenrechtsaktivisten vor.

fab/nob (dpa, afp)