Ukraine aktuell: Selenskyj beklagt Stau beim Getreideexport

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Selenskyj: Russland behindert Getreideexport
  • Sorge um Staudamm im Süden der Ukraine
  • USA: Diplomatie erst bei Stopp russischer Aggression
  • Deutschland will Kriegsverbrecher-Verfolgung unterstützen

 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat zunehmende Probleme bei den im Juli mit Russland vereinbarten Getreideexporten über das Schwarze Meer beklagt. Es gebe einen künstlichen Stau von 150 Schiffen, weil Russland absichtlich deren Passage verhindere, sagte Selenskyj in einer neuen Videobotschaft. Wegen der Verzögerungen habe die Ukraine bislang drei Millionen Tonnen Getreide weniger als erwartet exportieren können. Dies sei genug, um zehn Millionen Menschen ein Jahr lang zu ernähren.

“Der Feind tut alles, um unsere Lebensmittelexporte zu verlangsamen”, meinte Selenskyj. Nach seiner Darstellung will der Kreml damit erreichen, dass Hunderttausende Menschen aus Hunger die Flucht antreten und etwa in der Türkei oder in der Europäischen Union Asyl suchen.

Sorge um Staudamm im Süden der Ukraine

Die Ukraine hat eine internationale Beobachtermission am Staudamm des Wasserkraftwerks Kachowka in der südlichen Region Cherson gefordert. “Wir rufen die UNO, die EU und andere Organisationen auf, eine Beobachtungsmission für Kachowka zu organisieren”, so der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal. Internationale Experten sowie ukrainisches Personal müssten sich umgehend vor Ort begeben, verlangte er.

Kiew: Russland will Staudamm sprengen

Die Ukraine beschuldigt die russischen Streitkräfte, den Staudamm vermint zu haben. Russland wolle den 30 Meter hohen und mehr als drei Kilometer breiten Damm zerstören, um mit einer Flutwelle eine ukrainische Gegenoffensive in Cherson zu stoppen, hieß es.

Die Region war kürzlich von Russland völkerrechtswidrig annektiert worden. Die von der Regierung in Moskau eingesetzte Verwaltung Chersons wies die ukrainischen Vorwürfe zurück.

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USA: Diplomatie erst bei Stopp russischer Aggression

Die USA sehen keinen Weg für Verhandlungen mit Russland, solange der Kreml den Angriffskrieg gegen die Ukraine vorantreibt. “Was Diplomatie zur Beendigung des Krieges angeht, hängt das ganz davon ab, ob Russland daran interessiert sein wird, die Aggression zu stoppen, die es begonnen hat”, sagte US-Außenminister Antony Blinken in Washington. Aktuell seien aber keine Hinweise darauf zu erkennen, sondern das Gegenteil.

Blinken verwies unter anderem auf die von Präsident Wladimir Putin angeordnete Teilmobilisierung in Russland. Putin habe jedoch das Problem, dass die Ukrainer nicht nur sehr tapfer, sondern auch erfolgreich seien und ihr Territorium zurückeroberten. Sie kämpften im Gegensatz zu Russland für ihr Land und ihre Zukunft. “Je früher Präsident Putin das versteht, desto schneller werden wir diesen Krieg beenden können”, meinte Blinken.

USA | Außenminister Antony Blinken

Fand klare Worte: Antony Blinken

Der amerikanische Außenminister machte auch deutlich, dass die USA weiterhin diplomatische Kanäle zur Kommunikation mit Russland unterhielten. “Wann auch immer wir den Russen etwas Wichtiges mitzuteilen haben, werden wir das tun.” So habe er mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow über bestimmte Angelegenheiten gesprochen, die für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten wichtig gewesen seien. Auch die Verteidigungsminister der USA und Russlands, Lloyd Austin und Sergej Schoigu, telefonierten erstmals nach längerer Pause wieder miteinander.

UN sollen Drohnen-Angriffe auf Ukraine untersuchen

Die USA haben vor dem UN-Sicherheitsrat gefordert, dass die Vereinten Nationen den mutmaßlichen Einsatz iranischer Drohnen durch Russland im Ukraine-Krieg untersuchen. “Die UN müssen jede Verletzung von Sicherheitsratsresolutionen untersuchen und wir dürfen nicht zulassen, dass Russland oder andere die UN am Ausüben ihrer festgeschriebenen Verpflichtungen hindern oder sie bedrohen”, erklärte der stellvertretende US-Botschafter Richard Mills in New York. Großbritannien, Frankreich und Deutschland hatten zuvor ähnliche Forderungen per Brief an die Vereinten Nationen übermittelt.

Ukraine | Russischer Drohnen-Angriff in Kiew

Drohnen-Angriff auf Kiew (Foto vom 17. Oktober)

Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja sprach von einer “empörenden Situation”. Er wies die Vorwürfe des Einsatzes iranischer Drohnen erneut zurück und wiederholte eine Warnung vor einer entsprechenden UN-Untersuchung. Wenn es dazu käme, müsse Russland die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen überdenken.

Deutschland will Kriegsverbrecher-Verfolgung unterstützen

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat den Vereinten Nationen die Unterstützung Deutschlands bei der internationalen Strafverfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine zugesagt. “Nur wenn die Staatengemeinschaft Russland in die Schranken weist, haben Freiheit und Sicherheit in der Welt eine Zukunft”, sagte Buschmann in New York. “Die Vereinten Nationen und die Ukraine können dabei auf Deutschland zählen.” Buschmann hatte in New York unter anderen die stellvertretende UN-Generalsekretärin Amina Mohammed und den ukrainischen Botschafter Serhij Kislizia getroffen.

USA Bundesminister der Justiz Marco Buschmann bei der UNO

Marco Buschmann vor dem Hauptquartier der Vereinten Nationen

Scholz hält an Fracking-Verbot in Deutschland fest

In der Debatte über die Nutzung heimischer Gasreserven als Ersatz für russisches Gas stellt sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegen den Vorschlag des liberalen Koalitionspartners FDP, den bisherigen Verzicht von Fracking in Deutschland zu überdenken. “Frühere Bundesregierungen haben diese Vorhaben geprüft”, sagte Scholz der Zeitung “Welt am Sonntag” laut Vorabbericht. “Der Widerstand vor Ort war so groß, dass sie nie verwirklicht wurden.” Beim Fracking wird Gas oder Öl mithilfe von Druck und Chemikalien aus Gesteinsschichten herausgeholt, was Gefahren für die Umwelt birgt.

Fracking sei in Deutschland auch nicht notwendig, so Scholz weiter: “Erdgas ist nicht unsere Zukunft. Deutschland wird bis 2045 klimaneutral sein, das heißt, unsere Industrie wird dann auf der Nutzung von Wasserstoff und Strom aus erneuerbaren Energien basieren. Dafür schaffen wir die notwendige Infrastruktur. Und all das läuft parallel zur akuten Krisenbewältigung.”

wa/AR (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.