USA gewinnen brisantes Spiel gegen Iran

Es sah aus, als wäre es ein ganz normales WM-Spiel. Einige Fans beider Teams standen auf der Tribüne dicht beieinander, lachten und strahlten echte Vorfreude aus. Und auch bei den Spielern waren keine gegenseitigen Ressentiments zu erkennen. Sogar ein Foto mit den beiden Kapitänen und dem Schiedsrichter gab es nach dem obligatorischen Händeschütteln der Spieler. Dabei standen sich bei der Begegnung im Al Thumama Stadium der Iran und die USA gegenüber – Teams zweier Länder, die sich seit mehr als vier Jahrzehnten in großer gegenseitiger Abneigung gegenüberstehen. Diplomatische Beziehungen bestehen ebenfalls seit einer Ewigkeit nicht mehr.

Umso bemerkenswerter war es, in welch friedlicher Atmosphäre die Partie über die Bühne ging. Fairplay und gegenseitiger Respekt standen im Vordergrund der gegenseitigen Bemühungen. Von ähnlich großen Animositäten der Spieler untereinander – wie auf der politischen Bühne üblich – war nichts zu sehen. Denn nicht nur die politische Ebene sorgte dafür, dass die Augen der ganzen Welt auf diese Partie gerichtet waren. Auch der sportliche Aspekt spielte eine wesentliche Rolle. Schließlich hat der Sieger das Achtelfinale als Gruppenzweiter erreicht. Und das waren die USA, die sich knapp mit 1:0 (1:0) durchsetzten und ihren WM-Traum weiterträumen dürfen. Christian Pulisic erzielte den entscheidenden Treffer (38.). Für die Spieler des Iran ist die WM 2022 damit beendet.  

Fans der USA und des Iran stehen auf der Tribüne nebeneinander und beide haben große Trommeln auf der Balustrade abgestellt

Fans der USA und des Iran feiern friedlich nebeneinander auf der Tribüne

Gegenseitige Giftpfeile

Die Vernunft aller Spieler, die zum Einsatz kamen, war beachtlich. Niemand auf dem Feld ließ sich von den in den Tagen vor dem Spiel von beiden Seiten abgeschossenen Giftpfeilen beeindrucken. Der US-Verband etwa heizte die Stimmung auf. Für einen Tag benutzte die United States Soccer Federation auf ihren Social-Media-Kanälen eine iranische Flagge nur in den Farben grün-weiß-rot, ohne das Emblem der Islamischen Republik darzustellen. Der Iran war hochgradig erzürnt, die Staatsmedien forderten daraufhin den Ausschluss der USA aus dem WM-Turnier. 

Ein iranischer Journalist stellte US-Spieler Tyler Adams auf der Pressekonferenz vor dem Spiel die Frage, was er empfinde, für ein Land aufzulaufen, in dem dunkelhäutige Menschen diskriminiert werden. Der iranische Journalist sprach in diesem Kontext auch die anti-rassistische “Black Lives Matter”-Bewegung an. Zuvor wurde Adams vom selben Journalisten über die korrekte Aussprache des Iran belehrt. Trainer Greg Berhalter wehrte zudem Fragen iranischer Reporter zu Rassismus, Visa-Regelungen und Operationen des US-Militärs ab, indem er anmerkte, er könne nichts zu politischen Dingen sagen, er sei lediglich ein Fußballtrainer. US-Kapitän Tayler sagte: “Wir unterstützen die Menschen im Iran und das Team Irans. Aber wir konzentrieren uns alle auf das Spiel.”

US-Angreifer Christian Pulisic (2.v.l) schießt den Ball im Sprung auf das iranische Tor

US-Angreifer Christian Pulisic (2.v.l) erzielt das 1:0 für die USA

Folter und Gewalt angedroht?

Und auch Iran-Trainer Carlos Queiroz, der einst selbst Trainer in den USA war, sprach von einem “sehr, sehr speziellen Spiel”. Er lobte aber ausdrücklich die Spielweise der US-Amerikaner, die in der Gruppe B die besten und konstantesten Leistungen gezeigt hätten. Niemand der Verantwortlichen und Beteiligten wollte weiteres Öl ins Feuer gießen. Die Bemühungen der Deeskalation der Verantwortlichen beider Seiten trugen Früchte. Die Niederlage gegen den “Satan USA” wurde von den Mullahs daheim in Teheran wohl dennoch nicht gerne gesehen. 

Was die Spieler des iranischen Teams nun nach ihrem Ausscheiden in ihrer Heimat erwartet, ist ungewiss. Ihr Verweigern des Mitsingens der Nationalhymne vor ihrem ersten WM-Spiel hatte offenbar strenge Konsequenzen. Die Spieler sollen unmittelbar danach von der eigenen Regierung bedroht worden sein. Das berichtet der US-Nachrichtensender CNN mit Verweis auf eine Quelle, die für die Sicherheit der WM-Spiele verantwortlich ist. Den Spielern soll demnach angedroht worden sein, dass ihren Familien zu Hause “Folter und Gewalt” drohe, sollten die Spieler erneut die Hymne nicht mitsingen oder sonstigen politischen Protest zeigen. Sowohl im zweiten Gruppenspiel als auch vor dem Spiel gegen die USA bewegten die Profis ihre Lippen. 

England sicherte sich derweil den Gruppenplatz eins und den Achtelfinal-Einzug mit einem 3:0 gegen Wales.