In vielen Teilen der Nordhalbkugel neigt sich ein extrem trockener und heißer Sommer mit ungewöhnlich vielen Waldbränden dem Ende entgegen. Vielerorts herrscht weiterhin Wasserknappheit; Ernteausfälle sind kaum noch abzuwenden. Ergiebigen Regen hat es in vielen Regionen seit Monaten nicht gegeben. Wo könnte also mehr Wasser herkommen? Ein Vorschlag: das sogenannte Cloud Seeding, auf Deutsch “Wolkenimpfen”. Doch das Verfahren, das Wolken zum Abregnen bringt, ist umstritten.
China würde es gerne regnen lassen
In China wurden Regionalregierungen aufgerufen, es in bestimmten Landesteilen regnen zu lassen. In der Provinz Sezuan übersteigen die Temperaturen seit zwei Monaten regelmäßig 40 Grad Celsius; es ist die längste Hitzeperiode, die in China je dokumentiert wurde. Der Pegel des Jangtse, Asiens längster und Chinas wasserreichster Fluss, ist an manchen Stellen so niedrig wie zuletzt vor eineinhalb Jahrhunderten. Nicht nur Feldfrüchte und Vieh, auch Menschen in ländlichen Gebieten sind durch die Wasserknappheit bedroht.
Dürre in China: Der Jangtse führt an manchen Stellen so wenig Wasser wie zuletzt im 19. Jahrhundert
Damit man es regnen lassen kann, benötigt man allerdings erst einmal Wolken. Doch selbst die sind in den Regionen Chinas, die am dringendsten Regen brauchen, nicht ausreichend anzutreffen. Und Wolken können Menschen – bisher zumindest – nicht erschaffen.
Wie kann man Wolken zum Regnen bringen?
Die Wolkenbildung beginnt damit, dass sich Wasserdampfmoleküle in der Atmosphäre abkühlen und daraus stabile Wassertröpfchen oder -kristalle entstehen. Erst wenn eine bestimmte Menge Wassermoleküle daran haften bleibt, verbinden sich die Tropfen zu Wolken.
Wenn dann weiterhin Wasser an den Tropfen kondensiert, und zwar mehr als wieder verdunstet, werden sie früher oder später so groß und schwer, dass sie herabfallen. Ob sie als Regen, Schnee, Hagel oder in einer anderen Form auf der Erde ankommen, hängt von der Lufttemperatur und anderen Faktoren ab.
Beim Cloud Seeding werden Wolken mit bestimmten Partikeln, meist mit Salzen wie etwa Silberiodid, “geimpft”. Diese beschleunigen das Kondensieren des Wasserdampfes, der dann als Niederschlag zu Boden fällt. Die Wolkenimpfung kann von Flugzeugen, Drohnen oder auch vom Boden aus erfolgen.
Wie wird Cloud Seeding eingesetzt?
Die Idee, es absichtlich regnen zu lassen, ist keineswegs neu. Die ersten Versuche, führten Forscher im General Electric Research Laboratory in den 1940er Jahren durch. Das US-Militär setzte Cloud Seeding im Vietnamkieg ein, um nach dem Monsunregen die Böden weiter aufzuweichen und so den Nachschub der gegnerischen Vietcong zu behindern.
Die sowjetische Luftwaffe impfte Wolken, die kurz nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gen Norden auf Moskau zuzogen. Die Regimeführung wertete die Aktion als Erfolg, da der radioaktive Regen nicht – wie befürchtet – über russischen Millionenstädten, sondern ländlichen Gegenden der belarussischen Sowjetrepublik mit einigen hunderttausend Einwohnern niedergingen.
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Spanien verbrennt
Das Land ist so trocken, ein Funke genügt, um ein Inferno auszulösen. In Spanien grassieren die schlimmsten Waldbrände seit Beginn der Aufzeichnungen. Ob Valencia, Alicante, Murcia – die Löschtrupps sind im Dauereinsatz. Tausende Bewohner – auch Touristen – mussten evakuiert werden. Besonders betroffen sind die Touristenregionen Andalusien im Süden sowie Katalonien und Aragon im Nordosten.
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Frankreich in Flammen
Auch in Frankreich erreicht die Trockenheit historische Ausmaße. Überall im Land brennt es. Mehrmals an der bei Touristen beliebten Atlantikküste, im Département Gironde. Campingplätze stehen in Flammen, tausende Touristen werden in Sicherheit gebracht, Autobahnen sind gesperrt. Auch der tausendjährige Wald an der berühmten Dune du Pilat bei Arcachon wird Opfer der Flammen.
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Portugal braucht Wasser
Die Algarve ist ein Touristenhotspot in Portugal. Gefüllte Hotel-Pools, Duschen ohne Limit – der Tourismus verbraucht lebenswichtiges Wasser. Aber Portugal lebt von Touristen. Ein Dilemma, denn im ganzen Land herrscht extreme Trockenheit und damit Wasserknappheit. Auch die Hotels in der Algarve sollen ihren Verbrauch reduzieren. Wie genau, bleibt offen. Und so wird erst einmal weiter geplantscht.
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Österreich: Erfrischungen für alle
Touristen in Wien genießen die Erfrischung aus einem Sprühnebel-Schlauch bei über 39 Grad. Eine der grünsten Großstädte Europas ist gleichzeitig ein Hotspot des Klimawandels, denn die Hitze staut sich in Wien überproportional. Die Stadt hat deshalb einen Hitzeaktionsplan ins Leben gerufen – dazu gehören neben Nebelduschen auch “Cooling Zones”, Trinkbrunnen und noch mehr Bäume.
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Griechenland: Tödliches Inferno
Ob auf dem Festland oder auf den Inseln, nahe Athen oder den Ferieninseln Kreta oder Lesbos (Foto) – Dramen spielen sich ab: Auf Lesbos frisst sich Ende Juli das Feuer zum Badeort Vatera vor, die Menschen suchen Zuflucht am Strand und werden von der Küstenwache gerettet. Die Brandgefahr ist landesweit noch akut. Griechenland hat erst die Hälfte der Feuersaison hinter sich gebracht.
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Kroatien: Touri-Spaß trotz Rekordtemperaturen
Gebucht ist gebucht und wird auch gemacht. Auf dem Programm steht eine Stadtführung durch Dubrovnik. Dass die bei 43 Grad ungemütlich werden kann, scheint niemanden zu stören. Überall in Europas Ferienregionen wird versucht, die Touristen bei Laune zu halten und diese geben ihrerseits alles, um das Extremwetter und seine Folgen nach Kräften zu ignorieren. Sie machen weiter Urlaub.
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Niederlande: Wasserprobleme allerorten
In Amsterdam flüchten die Menschen vor der Hitze ans Meer – oder in die Amstel. Aber auch in den Niederlanden macht den Flüssen die Trockenheit zu schaffen, die Pegel fallen überall und salziges Meerwasser dringt in die Wasserläufe vor. Die noch größere Sorge sind jedoch die Deiche, die 60 % der Landfläche vor Überflutung schützen. Sie sind viel zu trocken und werden instabil.
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Italien trocknet aus
Das Extremwetter verformt Landschaften. Betroffen ist auch einer der Touristenhotspots in Norditalien, der Gardasee. Er verzeichnet den tiefsten Wasserstand seit 15 Jahren. Nackter Fels tritt um die Halbinsel Sirmione zu Tage, Touristen erkennen ihre Strände nicht wieder, ganze Badebuchten verschwinden. Urlaub sei trotzdem möglich, versichern Verantwortliche. Aber kann er sorglos sein?
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Schweiz: Gletscher-Tod durch Rekordschmelze
Mit Tüchern wird das Eis vom letzten Winter geschützt. Dennoch, erstmals seit 2000 Jahren präsentiert sich der Col de Zanfleuron, der zum Skigebiet Glacier 3000 gehört, nahezu eisfrei. Glaziologen rechnen damit, dass Ende September nur noch nackter Fels übrig sein wird. Noch 2012 war das Eis hier 15 Meter dick. Aus dem Schmelzwasser wird ein See entstehen – so auch andernorts in den Alpen.
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Großbritannien verdorrt
Das soll London sein? Die Parks sind staubtrocken und gelb anstatt grün. In den Londoner Parks, den Oasen der Metropole, sieht man kaum Menschen. Zu heiß. Die Temperaturen knacken schon im Juli die 40 Grad Marke. Der Wetternotstand wird ausgerufen, in weiten Teilen des Landes folgt im August der Dürre-Notstand: keinen Swimmingpool füllen, keinen Rasen sprengen, kein Auto waschen.
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Feuer und Dürre: Stresstest für den Tourismus
Deutschland: Wenn der Rhein leidet
Das Mittelrheintal im August, UNESCO-Weltkulturerbe, Besuchermagnet. Der Rhein wird immer schmaler, sein Pegel sinkt abschnittsweise auf unter 40 cm. Frachter fahren nur noch mit reduzierter Ladung, Fahrgastschiffe können nicht mehr alle Orte ansteuern, Fähren stellen ihren Betrieb ein. Flussreisen fallen ins Wasser, Anwohner und Urlauber müssen teils große Umwege in Kauf nehmen.
Autorin/Autor: Anne Termèche
China löste auf diese Weise vor den Olympischen Spielen 2008 Wolken auf, damit es während der Veranstaltung selbst trocken blieb. Die russische Regierung soll 86 Millionen Rubel (rund 1,4 Millionen Euro) für Cloud Seeding ausgegeben haben, damit zum Maifeiertag 2016 in Moskau gutes Wetter herrschte. Und so kam es dann auch.
Tatsächlich wurde die Methode aber auch bereits angewandt, um das Ausbleiben natürlichen Niederschlags auszugleichen. Größere Wolkenimpfungen gab es in den vergangenen Jahren beispielsweise in den Bundesstaaten Idaho und Wyoming. Unter anderem ließ es Idaho Power im Winter schneien, damit seine Wasserkraftwerke später aus dem Schmelzwasser Strom erzeugen konnten.
Was spricht gegen Cloud Seeding?
Doch das Cloud Seeding ist umstritten. Ein Grund: “Der Niederschlag, den man über einer Region fallen lässt, könnte in einer anderen fehlen”, sagt David Keith, Professor für Angewandte Physik an der Universität Harvard: “Man bestielt Peter, um Paul zu bezahlen. So hat man unweigerlich Gewinner und Verlierer.”
Dieses indische Flugzeug hebt ab zu einem Cloud-Seeding-Experiment in der indischen Stadt Bangalore
Der spanische Meteorologe José Miguel Viñas warnt, der Versuch, das Wetter zu kontrollieren, könne nach hinten losgehen und noch größere Probleme schaffen, als sie Extremwetter ohnehin mit sich bringt. Es könne auch den Fokus von anderen, besser erprobten Maßnahmen ablenken: “Wenn wir, gerade im Kontext der Erderwärmung, die Folgen von Dürren und Stürmen reduzieren wollen, sollten uns besser an die Gefahren anpassen und uns davor schützen.”