So lassen sich Krankheiten in Krisengebieten verhindern

Krieg, Flucht und Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüche und Überflutungen haben nicht nur unmittelbare Folgen für die Menschen vor Ort. Auch im Anschluss an die Krisensituation kommt es oft zu medizinischen Notfällen bis hin zu Epidemien.

Denn Kriege und Naturkatastrophen sind prädestiniert für die Ausbreitung von Krankheiten. In den Krisengebieten im Libanon und in Syrien gab es zum Beispiel Cholera-Ausbrüche. Auch in der Ukraine wurden Cholera-Fälle gemeldet. Nach den Überflutungen in Pakistan im Sommer 2022 breiteten sich sowohl Cholera als auch Typhus aus.

Und auch in den Erdbeben-Gebieten in der Türkei und in Syrien warnen Experten vor Ansteckungen: “Bei mangelhafter Versorgung mit sauberem Wasser und fehlenden Sanitäreinrichtungen ist zum Beispiel ein erneuter Cholera-Ausbruch denkbar, wie wir ihn in der Region schon vor einigen Monaten gesehen haben”, sagt Parnian Parvanta, Ärztin und stellvertretende Vorsitzende der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen Deutschland.

Cholera und Typhus treten häufig auf 

Diese Krankheiten können sich in Krisengebieten ausbreiten:

  • Durchfallerkrankungen wie Cholera und Typhus werden oft durch verschmutztes Wasser übertragen, was in vielen Krisengebieten ein Problem ist. 
  • Malaria und Dengue-Fieber werden durch Mücken übertragen und sind vor allem in überfluteten Gebieten eine Gefahr.
  • Hepatitis kann sich durch Fäkalien bei schlechten hygienischen Bedingungen ausbreiten.
  • COVID-19, Influenza und andere Erkrankungen, die über die Atemluft übertragen werden, sind vor allem bei Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften wie Turnhallen oder Zelten ein Problem.

Ob und wie schwer Krankheiten in Krisengebieten ausbrechen, ist schwer zu prognostizieren. “Es kommt sehr auf den Kontext an”, sagt Ärztin Parvanta. “Im Nordwesten Syriens etwa waren die medizinische Versorgung und die hygienischen Bedingungen schon vor dem Erdbeben sehr schlecht. Umso härter wurden die Menschen jetzt durch das Erbeben getroffen.” 

Es kommt also sehr auf die individuelle Situation: zum Beispiel, wie viel Infrastruktur noch vorhanden ist, wie viele Menschen betroffen sind – und vor allem darauf, wie schnell Unterstützung vor Ort ist.

Ein Kind liegt auf einer Trage und wird verarztet.

Cholera breitet sich häufig in Krisengebieten aus – wie hier in einem Flüchtlingslager im Libanon

Menschen benötigen vor allem sauberes Trinkwasser

Hilfsorganisationen versuchen vor Ort, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern oder zu stoppen. Die wichtigste Maßnahme ist laut Expertin Parvanta, für sauberes Trinkwasser zu sorgen.

“Das ist essenziell. Die ohnehin schon mangelhafte Wasser- und Sanitärversorgung in Nordwestsyrien ist durch das Erdbeben weitestgehend zerstört worden”, sagt sie. “Die Menschen sind gezwungen, sich mit Wasser etwa aus Flüssen zu versorgen.” Die Teams von Ärzte ohne Grenzen verteilen derzeit Trinkwasser und installieren Wassertanks in verschiedenen Aufnahmezentren in der Region. 

Neben sauberem Trinkwasser gehören diese Punkte zu den wichtigsten Maßnahmen: 

  • Zugang zu Sanitäranlagen wie Toiletten sicherstellen
  • Abwasser sicher ableiten
  • Hygieneprodukte wie Seife und Desinfektionsmittel verteilen
  • Notwendige Medikamente und Arzneimittel organisieren
  • Mobile Kliniken einrichten, um Menschen schnell zu versorgen
Drei Kinder spielen in einem Kanal im Libanon.

In Krisengebieten fehlt es oft an sauberem Trinkwasser

Nicht nur an Infektionskrankheiten denken 

Außerdem können Krisen wie Kriege und Naturkatastrophen dazu führen, dass Grunderkrankungen wie Diabetes oder chronische Lungenerkrankungen nicht ausreichend versorgt werden. Auch die Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen ist oft ein Problem.

Zudem werden Impfkampagnen, etwa gegen Masern oder Polio, in Krieg- und Krisensituationen oft verlangsamt oder müssen ausgesetzt werden. Das führt dazu, dass weniger Menschen gegen diese Krankheiten geschützt sind und sich Infektionen häufen. “An Orten, an denen viele Geflüchtete sind, gibt es oft ein erhöhtes Risiko für die Ausbreitung von Masern”, sagt Ärztin Parvanta.

Mindestens genauso wichtig wie die rasche Unterstützung vor Ort ist daher auch der Wiederaufbau der kritischen Infrastruktur wie Krankenhäuser und Arztpraxen.