Nach heftigen Protesten in der autonomen Teilrepublik Karakalpakstan gegen eine geplante Verfassungsreform, die die Souveränität der Region im Nordwesten Usbekistans am Aralsee einschränken würde, hat der Präsident eingelenkt. Staatschef Schawkat Mirsijojew habe die Pläne zur Beschneidung der Autonomie der Provinz fallen gelassen, teilte sein Büro mit.
Ausnahmezustand bis zum 2. August
Mirsijojew reiste daraufhin in Karakalpakstans Regionalhauptstadt Nukus. Später wurde bekannt, dass er für einen Monat den Ausnahmezustand über die Region verhängt hat. Die Maßnahme diene dazu, “die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, ihre Rechte und Freiheiten zu schützen und Recht und Ordnung in dem Gebiet wiederherzustellen”, schrieb der Pressesprecher des Präsidenten auf Telegram.
Proteste der Bevölkerung sind in der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik Usbekistan, die unter anderem an Kasachstan und Afghanistan grenzt, selten. Offizielle Bilder von den jüngsten Aktionen am Freitag in Karakalpakstans Hauptstadt Nukus gibt es nicht. Über den Messenger-Dienst Telegram wurden Bilder verbreitet, die darauf hindeuten, dass es bei der Polizeirazzia gegen die Demonstranten Tote gab. Die Behörden erklärten am Samstag, sie hätten “Organisatoren von Massenunruhen” verhaftet, die Verwaltungsgebäude in Nukus besetzen wollten.
Kalkül oder tatsächliches Einlenken des Präsidenten?
In der aktuellen usbekischen Verfassung wird Karakalpakstan als souveräne Republik innerhalb Usbekistans bezeichnet, die das Recht hat, sich durch ein Referendum abzuspalten. In dem Entwurf für eine veränderte Verfassung, über die in dem zentralasiatischen Land in den kommenden Monaten ein Referendum abhalten werden soll, wird die Souveränität Karakalpakstans oder das Recht auf Abspaltung nicht mehr explizit erwähnt.
Die Republik, in der die ethnische Minderheit Karakalpak lebt, nimmt mehr als 35 Prozent des gesamten Staatsgebiets ein. Allerdings leben in dem Wüstengebiet nur etwa 1,8 Millionen der insgesamt rund 35 Millionen Einwohner Usbekistans.
Nach dem Tod von Diktator Islam Karimow 2016 hatte Mirsijojew Usbekistan international geöffnet. Nach seiner Wiederwahl im vergangenen Herbst versprach er die Förderung einer “freien Zivilgesellschaft”. Menschenrechtler beklagten in der Vergangenheit allerdings immer wieder, dass trotz Reformen in Usbekistan weiter gegen grundlegende Freiheitsrechte verstoßen werde.
qu/wa (dpa, afp, rtr)