Mit dem Kopf beförderte Freiburgs Nils Petersen den Ball aus sechs Metern ins gegnerische Tor. Zuvor hatte sein Teamkollege Nicolas Höfler das Spielgerät in den Hamburger Strafraum geflankt. Die Abwehraktion von Torwart Heuer Fernandes wird aber zur perfekten Vorlage für Petersen, der den SC Freiburg bereits nach elf Minuten im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den Hamburger SV in Führung köpfen konnte. Doch der Jubel wird nur Sekunden später von Schiedsrichter Deniz Aytekin unterbrochen.
War es doch Abseits? Nein, der Führungstreffer zählte. Der Stürmer ballte die Fäuste und grinste über das ganze Gesicht. Petersen leitete damit eine starke Freiburger Phase ein, in der seine Teamkollegen Höfler und Vincenzo Grifo wenige Minuten nach dem Führungstor mit zwei weiteren Treffern schon früh für klare Verhältnisse sorgten. Mit dem 3:1 (3:0)-Erfolg schaffte das Team von Trainer Christian Streich erstmals in der Vereinsgeschichte den Einzug in ein Finale eines Pokalwettbewerbs. Der Anschlusstreffer der Gastgeber kurz vor dem Schlusspfiff kam zu spät. “Das ist unbeschreiblich. Wir schreiben Geschichte, das hat der SC Freiburg noch nie geschafft”, sagte Torschütze Höfler in der ARD: “Wir können noch viel erreichen. Gegen wen wir im Finale spielen, ist mir völlig egal.”
Lob von Trainer Christian Streich
Petersen ist niemand, der neben dem Platz für Aufsehen sorgt. Der 33-Jährige gehört zu den ruhigeren Vertretern seiner Zunft. Langweilig ist der Stürmer aber keineswegs, eher im Gegenteil. Am 29. Spieltag der Fußball-Bundesliga gelang ihm ein ganz besonderer Rekord. Petersen erzielte den 2:1-Siegtreffer und avancierte damit zum erfolgreichsten Einwechselspieler der Bundesliga-Historie.
Der Vater des Freiburger Erfolgs: Trainer Christian Streich
“Ich hatte noch nie einen Spieler, der so eine Gabe hat und so eine Intuition, zu wissen, wo der erste, zweite und dritte Ball hinkommt”, lobte Trainer Christian Streich seinen Superjoker und ergänzte: “Das ist eine große Qualität. Es gibt nicht viele Spieler, die das so können. Deshalb macht er so viele Tore, obwohl er nicht immer neunzig Minuten spielt.”
Und auch gegen den Hamburger SV musste Petersen nicht bis zum Schlusspfiff auf seinen Feierabend warten. Nach einer guten Stunde verließ der 33-Jährige unter Applaus der 6000 mitgereisten Fans den Platz – wie so oft mit einem Tor mehr auf seinem Konto. Gemeinsam mit seinen Teamkollegen und Trainer Christian Streich hüpfte und sang Petersen nach dem Schlusspfiff vor der Kurve. “Ich kann es gar nicht sagen, was mir durch den Kopf ging. Ich habe die Fans gesehen, mich gefreut, dass sich die Reise gelohnt hat”, sagte der Erfolgstrainer und umarmte seine Spieler.
Gomez: “Nils, du bist ein geiler Fußballer”
Dass Petersen es aber auch anders kann, zeigte er an diesem denkwürdigen Pokalabend im Hamburger Stadion. Es ist das vorläufige Highlight seiner Karriere, die beim kleinen FC Einheit Wernigerode im Norden Deutschlands begonnen hatte. Von da an legte er eine Musterkarriere hin. Von Carl-Zeiss-Jena wechselte er zu Energie Cottbus und wurde Torschützenkönig der zweiten Liga. Danach unterschreibt Petersen beim großen FC Bayern, wo er sich gegen Topstürmer Mario Gomez durchsetzen muss.
Nils Petersen absolviert nur neun Spiele für den FC Bayern und gewinnt keinen Titel
Vor der Saison kam Gomez dann zu seinem neuen Konkurrenten und sagte: ”Nils, du bist ein geiler Fußballer und ein toller Mensch. Aber eins ist klar: Ich will 90 Minuten lang auf dem Platz stehen. An mir kommt keiner vorbei.” Diese Geschichte erzählte Petersens Vater Andreas in einem Interview mit dem Magazin “11 Freunde“. In München konnte sich der Stürmer tatsächlich nicht durchsetzen. Er wechselt zum SV Werder Bremen und landete vor sieben Jahren schließlich in Freiburg. Im Breisgau gelang Petersen der endgültige Durchbruch in der Bundesliga.
Großes Saisonfinale
Jetzt hat Petersen es also endlich geschafft. Er steht im Pokalfinale und wird im Mai dieses Jahres mit dem SC Freiburg die Chance auf den ersten Titel in der Vereinsgeschichte des Sportclubs bekommen. Dementsprechend ausgelassen feierten Spieler und Trainer nach dem Schlusspfiff mit den mitgereisten Freiburger Fans. “Oh, wie ist das schön, oh wie ist das schön”, sangen die Freiburger Fans schon während des Spiels.
Und damit nicht genug, denn neben dem Pokalfinale darf der Sport-Club weiter von der Teilnahme am internationalen Geschäft träumen. Momentan steht das Team von Trainer Streich auf dem fünften Tabellenplatz in der Bundesliga. Lediglich ein Punkt Rückstand haben Petersen und sein Team auf einen Champions-League-Platz. Bei noch vier ausstehenden Spielen und dem besten Einwechselspieler der Liga steht der SC Freiburg vor einem großen Saisonfinale.
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Klein gegen Groß – Sensationen im DFB-Pokal
Zweitligist schafft Novum
Als erster Zweitligist holt Kickers Offenbach 1970 den DFB-Pokal. Im Finale bezwingen die Offenbacher den Erstligisten 1. FC Köln vor rund 50.000 Zuschauern in Hannover mit 2:1. Am nächsten Tag wird die Mannschaft in Offenbach von den jubelnden Fans empfangen.
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Klein gegen Groß – Sensationen im DFB-Pokal
Eppingen düpiert Hamburg
Im Oktober 1974 gelingt dem VfB Eppingen in der 2. Hauptrunde der Favoritensturz. Der Drittligist aus Nordbaden bezwingt den damaligen Bundesliga-Tabellenführer Hamburger SV mit 2:1 und sorgt damit für eine der größten Sensationen in der Pokalgeschichte. Nicht nur HSV-Torwart Rudi Kargus (r.) liegt am Boden.
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Zwölf Tore im Halbfinale
Was für ein Spiel im Mai 1984! Im Halbfinale zwischen Bayern München und dem damals zweitklassigen FC Schalke 04 steht es am Ende 6:6. Drei Tore erzielt Olaf Thon, hier köpft der erst 18-Jährige (r.) zum 3:3 ein. Die Folge: Ein Wiederholungsspiel muss her, das die Bayern knapp mit 3:2 für sich entscheiden.
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Bayer 05 schlägt Bayern
Im Finale 1985 ist das Werksteam aus Uerdingen gegen den Titelverteidiger und neuen deutschen Meister FC Bayern krasser Außenseiter. Bayer 05 gewinnt das Duell der Bundesligisten vor rund 70.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion mit 2:1. Hier regt sich Bayern-Spieler Lothar Matthäus (l.) einmal mehr auf.
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Und wieder die Bayern
Wer als Amateur den ewigen Favoriten FC Bayern schlägt, sorgt immer für eine Sensation. Im August 1990 gelingt das dem FC 09 Weinheim. In der 1. Runde wirft der Oberligist aus Baden-Württemberg den Bundesligisten mit einem 1:0-Erfolg aus dem Wettbewerb. Münchens Klaus Augenthaler (3.v.r.) ist sauer.
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Zweitligist Hannover holt den Pott
Im Mai 1992 stehen sich im Berliner Pokalfinale Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach gegenüber. Das Spiel endet 4:3 nach Elfmeterschießen für den Zweitligisten aus Niedersachsen. Der Erstligist war sich wohl zu siegessicher – Hannover darf feiern.
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Jetzt kennen alle Vestenbergsgreuth
ZDF-Reporter Dieter Kürten versucht Bayern Münchens Mittelfeldspieler Lothar Matthäus (l.) im August 1994 im Nürnberger Frankenstadion etwas Sinnvolles zu entlocken. Keine leichte Aufgabe nach der 0:1-Erstrundenniederlage des haushohen Favoriten gegen den Regionalligisten TSV Vestenbergsgreuth.
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Was für ein Elfmeterkrimi!
Im August 1995 setzt sich Regionalligist SV Sandhausen in der ersten Runde gegen Bundesligist VfB Stuttgart durch – aber wie! Es steht 2:2, als ein Elfmeterkrimi ohnegleichen folgt: 25 Schüsse werden hintereinander verwandelt, Stuttgarts Hendrik Herzog trifft den Pfosten, Endstand 13:12 im Elfmeterschießen.
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Drittligist schafft es ins Endspiel
Der Cottbusser Mittelfeldspieler Detlef Irrgang (l.) ist schneller als Karlsruhes Verteidiger Dirk Schuster: Im April 1997 setzt sich der FC Energie im Halbfinale gegen den KSC mit 3:0 durch und fährt nach Berlin. Dort unterliegt der Drittligist allerdings dem VfB Stuttgart mit 0:2.
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Auch Trier sorgt für Furore
In der Pokalsaison 1997/98 lässt Eintracht Trier aufhorchen. Nach Siegen gegen Unterhaching und Schalke wirft der Regionalligist im Achtelfinale (Foto) auch Erstligist Borussia Dortmund mit 2:1 raus. Nach dem Sieg gegen Waldhof Mannheim ist erst im Halbfinale gegen den MSV Duisburg Schluss.
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Magdeburg stürzt die Bayern
Dichtes Gedränge vor dem Münchener Tor. Im November 2000 wirft der 1. FC Magdeburg den FC Bayern in der 2. Runde aus dem Pokal. Der Oberligist setzt sich im heimischen Ernst-Grube-Stadion gegen den Titelverteidiger sensationell mit 4:2 im Elfmeterschießen durch. Nach 90 Minuten und Verlängerung stand es 1:1.
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Union Berlin erreicht Finale
2000/01 schafft es ein Amateurverein bis ins Endspiel. Union Berlin unterliegt dort allerdings dem großen Favoriten Schalke 04 mit 0:2. Im Halbfinale hat der Regionalligist für eine Riesenüberraschung gesorgt (Foto): 4:2 im Elfmeterschießen gegen Borussia Mönchengladbach.
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Pokal in Schwarz-Gelb
Zweitligist Alemannia Aachen wirft im Viertelfinale Titelverteidiger FC Bayern raus. Erik Meijer (Foto) sorgt 2004 für den 2:1-Endstand. Über Mönchengladbach geht es für die Alemannia ins Finale, wo der deutsche Meister und Double-Gewinner Werder Bremen aber zu stark ist.
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Blamage für den HSV
2015 ist es der Hamburger SV, der sich in der 1. Runde blamiert. Gegen den Viertligisten Carl-Zeiss Jena rettet sich der “große HSV” gerade noch so in die Verlängerung – Gregoritsch trifft in der 94. Minute zum 2:2. Doch dann schlagen die Amateure wieder zu: Kopfballtor Pieles, 3:2 nach Verlängerung, der HSV ist raus.
Autorin/Autor: Calle Kops