In letzter Minute hatte der geschäftsführende Ministerpräsident, Nadschib Mikati, entschieden, die Uhren im Libanon erst in vier Wochen umstellen zu lassen und nicht wie sonst üblich in der letzten Märzwoche.
Die mächtige maronitische Kirche kündigte daraufhin am Samstagabend an, sich der Entscheidung zu widersetzen. Sie rief dazu auf, die Uhren in der Nacht zum Sonntag trotzdem eine Stunde vorzustellen, wie in den meisten Ländern Europas. Auch die Sender MTV und LBCI sowie andere Medien und katholische Schulen stellten die Uhren ebenfalls um.
Fehlende Begründung
Am Sonntag wachten die Libanesen dann unter viel Verwirrung mit zwei geltenden Uhrzeiten auf. “Hätte die Regierung die Entscheidung vor einem Monat und nicht 48 Stunden vorher getroffen, hätte es kein Problem gegeben”, sagte Pierre Daher, Geschäftsführer des Fernsehsenders LBCI.
Eine Begründung für ihren Beschluss legte die Regierung zwar nicht vor. Aber ein in den sozialen Medien verbreitetes Video könnte eine Erklärung liefern. Es zeigt ein Gespräch zwischen Mikati und dem Parlamentssprecher Nabih Berri, der den Regierungschef bittet, mit der Zeitumstellung bis zum Ende des heiligen Fastenmonats Ramadan zu warten – offenbar ein Versuch, den Muslimen entgegenzukommen, die täglich bis zum Sonnenuntergang fasten.
Internationaler Flughafen Beirut: Bei Reisenden dürft die Lage mitunter für Verwirrung sorgen
Ein Sprecher der maronitischen Kirche des Libanon kritisierte, die Entscheidung der Regierung sei “ohne Konsultationen und ohne Rücksicht auf internationale Standards” getroffen worden. Eine Entscheidung von solcher Tragweite könne nicht bei einer Tasse Kaffee getroffen werden.
Verwirrung dürfte vor allem bei Flugreisenden entstehen. Die staatliche Fluggesellschaft Middle East Airlines (MEA) folgte dem Schritt Mikatis und veröffentlichte eine Tabelle mit jeweils um eine Stunde vorgezogenen Abflugzeiten. Damit will die Airline offenbar im internationalen Flugplan bleiben und Anschlussflüge ermöglichen, ohne dass Reisende in einer anderen Zeitzone ihre Flüge antreten müssen als der offiziell geltenden.
Politische Dauerkrise
In sozialen Medien machte der Witz die Runde, dass man sich im Libanon jetzt mit dem Zusatz “muslimischer Zeit” oder “christlicher Zeit” verabreden müsse. Die Autorin Kim Ghattas schrieb, das Chaos wäre zum Lachen, wenn es nicht ein weiteres Zeichen des “totalen Versagens auf allen Ebenen der politischen Anführer” wäre.
Der Libanon steckt derzeit in einer der schwersten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte. Das Land ist seit Monaten ohne Präsident und die geschäftsführende Regierung Mikatis nur eingeschränkt handlungsfähig. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erklärte zuletzt, das Land befinde sich an einem “sehr gefährlichen Scheideweg”.
uh/qu (dpa, afp)