Das Wichtigste in Kürze:
- Beistand aus Polen und dem Baltikum bei Präsidentenbesuch in Kiew
- Explosion auf russischem Raketenkreuzer “Moskwa”
- Weitere Dissonanzen wegen Steinmeiers Reiseplänen
- Guterres nennt Ukraine-Krieg Auslöser eines “perfekten Sturms”
Polens Präsident Andrzej Duda sowie die Staatschefs der drei baltischen Länder Litauen, Lettland und Estland, Gitanas Nauseda, Egils Levits und Alar Karis, haben der Ukraine bei einem Besuch ihre Solidarität versichert. Die Staatsoberhäupter der vier EU- und NATO-Staaten sagten dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei einem Treffen in Kiew weiter Militärhilfe und humanitäre Unterstützung zu. Auch versprachen sie, sich für eine Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union einzusetzen. Selenskyj bedankte sich bei seinen Gästen für den Beistand. Polen, Litauen, Lettland und Estland seien immer Seite an Seite mit der Ukraine gestanden, sagte er nach dem Gespräch.

Ukrainischer Präsident Selenskyj: “Immer Seite an Seite”
Vor ihrem Treffen mit Selenskyj hatten die vier Präsidenten mehrere stark zerstörte Vororte von Kiew besucht – und sich erschüttert gezeigt. “Das ist kein Krieg, das ist Terrorismus”, sagte Duda. Wie auch seine baltischen Kollegen betonte er: Zur Rechenschaft für die Verbrechen gezogen werden müssten nicht nur diejenigen, die sie begangen hätten, sondern auch die, die die Befehle dazu erteilten.
Die vier Präsidenten waren per Zug in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist. Der Besuch wurde nach Angaben aus Warschau von Polen auf gemeinsame Initiative organisiert.
Explosion auf russischem Raketenkreuzer “Moskwa”
Das wichtigste Schiff der russischen Schwarzmeerflotte, der Raketenkreuzer “Moskwa”, ist nach einer Explosion schwer beschädigt. Wie die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium berichtet, soll Munition an Bord des Schiffes explodiert sein. Die gesamte Besatzung sei gerettet worden, die Brandursache werde derzeit untersucht.

Russischer Kreuzer “Moskwa” bei Mannöver im Schwarzen Meer (im Februar): Von ukrainischen Raketen getroffen?
Wenige Stunden davor hatte es aus Kiew geheißen, der Raketenkreuzer sei von einer ukrainischen Anti-Schiffsrakete getroffen worden. Das Kriegsschiff habe eine Besatzung von mehr als 500 Matrosen, sagte der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch am Mittwoch in einem Interview. Die “Moskwa” soll unter anderem an der Eroberung der ukrainischen Schlangeninsel zu Kriegsbeginn vor knapp sieben Wochen beteiligt gewesen sein.
Der Berater des ukrainischen Innenministers, Anton Heraschtschenko, deutete in einem Beitrag in sozialen Netzwerken an, das Kriegsschiff sei mit einer Rakete des Typs Neptun getroffen worden. Die ukrainische Eigenentwicklung hat eine Reichweite von 280 Kilometern.
Keine Steinmeier-Anfrage in Kiew angekommen?
Eigentlich wollte auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Reise dabei sein. Am Dienstag hatte er jedoch erklärt, dort offensichtlich nicht willkommen zu sein – offenbar war ein Besuch Steinmeiers von der ukrainischen Seite abgewiesen worden. Steinmeier steht wegen seiner früheren Russlandpolitik in der Kritik. Die Entscheidung der Ukraine gilt als ungewöhnlicher diplomatischer Affront und als klares Anzeichen dafür, wie tief die Unzufriedenheit mit der deutschen Politik in der Ukraine ist.
Nach Angaben von Präsident Selenskyj hat die Ukraine allerdings keine “offizielle” Anfrage aus Berlin für einen Besuch des Bundespräsidenten erhalten. Weder er selbst noch sein Büro sei von Steinmeier oder dem Bundespräsidialamt offiziell angefragt worden, sagte Selenskyj am Mittwoch in Kiew. “Wir sind ein freies Land”, fügte er hinzu. “Wir können es uns leisten, uns mit jenen zu umgeben, die uns wirklich unterstützen, uns mit echten Freunden zu umgeben.”
Auslöser eines “perfekten Sturms”
Der Krieg in der Ukraine hat nach Einschätzung der Vereinten Nationen einen “perfekten Sturm” bei Krisen in Sachen Lebensmittel, Energie und Finanzen ausgelöst. “Die Auswirkungen des Krieges sind global und systemisch”, sagte UN-Chef António Guterres am Mittwoch in New York bei der Vorstellung des ersten Berichts einer eigens gegründeten Sonderarbeitsgruppe. Dieser “Sturm” würde nun vor allem ärmere Länder stark bedrohten. Bis zu 1,7 Milliarden Menschen weltweit seien den Folgen extrem ausgesetzt.
Guterres warnte vor einer Zunahme von Armut und Hunger. 36 Länder bekämen normalerweise mehr als die Hälfte ihres Weizens aus Russland und der Ukraine, darunter einige der ärmsten Länder der Welt. Steigende Preise bei Energie und Lebensmitteln, dazu drückende Schulden bei vielen armen Ländern könnten zu sozialen Unruhen und politischer Instabilität führen. “Unsere Welt kann sich das nicht leisten. Wir müssen jetzt handeln.”

UN-Generalsekretär Guterres: “Auswirkungen global und systemisch”
Der UN-Chef forderte erneut ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine, aber auch die Aufhebungen aller Export-Beschränkungen und den engagierteren Umstieg auf erneuerbare Energien. Um diese Prozesse international voranzutreiben, habe er sechs Staats- und Regierungschefs als “Champions” eingeladen, darunter auch den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz.
Wer liefert schwere Waffen an die Ukraine?
Bundeskanzler Scholz sieht sich auch offener Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt. Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Deutschen Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), sagt dem Sender RTL, das Problem sei im Kanzleramt: “Herr Scholz spricht von Zeitenwende, aber er setzt sie nicht ausreichend um und da braucht es deutlich mehr Führung.”
Insbesondere wenn er Kollegen aus anderen europäischen Parlamenten spreche, so Hofreiter, werde ihm überall die Frage gestellt: “Wo bleibt eigentlich Deutschland?” Deutschland verliere gerade massiv an Ansehen bei all seinen Nachbarn. Hofreiter forderte zudem, dass Deutschland schnellstmöglich schwere Waffen in die Ukraine liefern solle.
Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, spricht sich ebenfalls für eine stärkere Unterstützung der Ukraine aus, sieht bei deutschen Waffenlieferungen aber Grenzen. “Wir können nicht einfach alles, was irgendwo bei einer Firma auf dem Hof steht, ohne Weiteres liefern – zum Beispiel die 50 Jahre alten Schützenpanzer Marder”, sagte Högl dem “Handelsblatt”.
Zugleich sagte die SPD-Politikerin: “Bei den Waffenlieferungen leisten wir mehr, als in der öffentlichen Diskussion suggeriert wird.” Sie gehe davon aus, dass die Bundesregierung im geheim tagenden Bundessicherheitsrat die Entscheidungen verantwortungsvoll treffe und “alles auslotet, was möglich ist”, so die Wehrbeauftragte.

US-Soldaten beim Training mit 155-Millimeter-Haubitze in Japan (2021): Lieferung von 18 Geschützen
Die USA wollen als Teil ihrer neuen Militärhilfe erstmals auch Haubitzen an die Ukraine liefern. Die 18 Geschütze haben ein Kaliber von 155 mm, wie aus der Ankündigung hervorgeht. Der Militärexperte John Spencer von der Denkfabrik Madison Policy Forum begrüßte die Entsendung von Artillerie mit zugehöriger Munition. “Man braucht diese größeren, stärkeren Waffen, um mit dem mithalten zu können, was Russland mitbringt für die versuchte Einnahme der Ostukraine”, sagt er der Nachrichtenagentur Reuters.
AR/ie (dpa, rtr, afp)