Ukraine aktuell: “Schlacht um den Donbass” hat begonnen

Das Wichtigste in Kürze:

  • Selenskyj bestätigt Beginn russischer Offensive in der Ostukraine
  • Putin ehrt Soldaten für die Gräueltaten von Butscha
  • Ukrainisches Regiment fordert Korridor für Zivilisten in Mariupol
  • Unionsfraktion im Bundestag erwägt Antrag zu Waffenlieferungen

Die seit Wochen erwartete russische Großoffensive im Osten der Ukraine ist offenbar im Gang. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte in einer neuen Videobotschaft, die Regierung in Kiew könne “jetzt feststellen, dass die russischen Truppen die Schlacht um den Donbass begonnen haben, auf die sie sich seit langem vorbereiten”. Ein sehr großer Teil der russischen Armee werde nun für diese Offensive verwendet, sagte Selenskyj im Nachrichtendienst Telegram.

Zuvor hatte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, bei Facebook erklärt, die seit Wochen erwartete Offensive sei gestartet. “Es ist die Hölle”, schrieb er. “Die Offensive, von der wir seit Wochen sprechen, hat begonnen.” Es gebe Kämpfe in Rubischne und Popasna und “unaufhörlich Kämpfe in anderen friedlichen Städten”, fügte der Gouverneur hinzu.

Mann vor zerstörtem Gebäude in Severodonetsk in der Region Luhansk

Die Menschen in Luhansk befürchten weitere Zerstörungen durch die russische Großoffensive

Der ukrainische Stabschef Andrij Jermak schrieb auf Facebook: “Die zweite Phase des Krieges hat begonnen.” Zugleich rief er dazu auf, weiter an die ukrainische Armee zu glauben, diese sei “sehr stark”.

Auszeichnung für Gräueltaten von Butscha

Der russische Präsident Wladimir Putin hat Soldaten geehrt, die in der ukrainischen Stadt Butscha im Einsatz waren. Putin würdigte die 64. Motorschützenbrigade in Moskau für besondere Verdienste, Heldentum und Tapferkeit, wie der Kreml mitteilte.

Internationaler Ermittler vor Leichensäcken in Butscha

Internationale Ermittler untersuchen die Leichen aus Butscha, um Beweise für Kriegsverbrechen zu sammeln

Die Bilder getöteter ukrainischer Zivilisten aus der Vorortgemeinde der Hauptstadt Kiew hatten Anfang des Monats rund um die Welt für Entsetzen gesorgt. Insgesamt wurden in Butscha mehr als 400 Leichen gefunden, teils mit auf den Rücken gebundenen Händen.

Die Ukraine wirft den russischen Soldaten deshalb schwerste Kriegsverbrechen vor. Der ukrainische Geheimdienst sprach von “Massenmord”, den die Armee begangen habe. Russland bestreitet, etwas mit den Gräueltaten zu tun zu haben. Inzwischen laufen internationale Ermittlungen.

Korridor für Evakuierung aus Mariupol gefordert

In der belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine hat das Regiment “Asow” die Einrichtung eines eigenen Korridors für die Evakuierung von Zivilisten gefordert. Kommandeur Denys Prokopenko sagte in einer Videobotschaft, das Gelände des Stahlwerks Asowstal werde von russischen Truppen mit Artillerie, bunkerbrechenden Bomben und Raketen angegriffen. Dazu wurden Bilder gezeigt – anscheinend aus einem Bombenschutzkeller auf dem Werksgelände.

Rauch über Stahlwerk Asowstal in Mariupol

In diesem Stahlwerk in Mariupol befinden sich viele ukrainische Soldaten und Zivilisten

Prokopenko forderte alle “zivilisierten Länder” auf, für die sofortige Evakuierung und den Schutz von Zivilisten und verwundeten Soldaten zu sorgen. Auch die Leichen von Soldaten sollten aus dem Werk herausgebracht werden.

Mariupol ist seit dem 1. März vollständig von russischen Truppen eingeschlossen und beinahe komplett erobert. In der weitgehend zerstörten Stadt sollen noch mehr als 100 000 Zivilisten ausharren. Mehrere Versuche der ukrainischen Regierung, eine organisierte Evakuierung aus der Stadt zu vereinbaren, scheiterten.

CDU/CSU-Fraktion droht mit Antrag zu Waffenlieferungen

CDU und CSU erwägen einen Antrag im Bundestag zu deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Man wolle die Bundesregierung in dieser Krise unterstützen, schreibt der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, auf Twitter.

Sollte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Frage von Waffenlieferungen aber nicht bewegen, müsse er dazu in der nächsten Woche mit einem Antrag von CDU und CSU im Bundestag rechnen.

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

gri/ack (afp, rtr, dpa)