Ukraine aktuell: “Wir spielen nicht mit einem Atomkrieg”

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Lawrow: Russland nicht im Krieg mit der NATO
  • Selenskyj: Ukraine erzielt “wichtige taktische Erfolge”
  • USA trainieren in Deutschland ukrainisches Militär
  • Washington kritisiert Einladung Putins zu G20-Gipfel
  • Scholz nimmt großen Umweg bei Rückkehr aus Japan

 

Russland sieht sich nach den Worten seines Außenministers Sergej Lawrow nicht im Krieg mit der NATO. Vielmehr glaube die NATO, mit Russland im Krieg zu sein, sagte Lawrow in einem Interview mit dem arabischsprachigen Sender Al-Arabija.

Auch drohe Russland nicht mit Atomwaffen, westliche Medien übertrieben bei diesem Thema, betonte Lawrow. “Wir spielen nicht mit einem Atomkrieg”, wurde der Minister von den russischen Agenturen Ria und Tass zitiert. Lawrow hatte kürzlich vor einer realen Gefahr eines Dritten Weltkriegs gewarnt. Russland hatte außerdem Ende Februar Abschreckungswaffen in Alarmbereitschaft versetzen lassen, was weltweit als Drohung mit dem atomaren Arsenal verstanden worden war.

Russland I Raketentest Sarmat

Test der russischen Interkontinentalrakete “Sarmat” (in diesem Monat)

Russland kenne die Routen, über die der Westen Waffen an die Ukraine liefern wolle, so Lawrow weiter. Diese Waffen würden zum Ziel werden, “sobald sie das Territorium der Ukraine erreichen”.

Die “Spezialoperation” in der Ukraine ende, wenn alle Ziele erreicht seien, wiederholte Lawrow. Dies sei, die Zivilbevölkerung in der Ostukraine zu schützen und sicherzustellen, “dass es keine Bedrohungen aus dem Territorium der Ukraine für diese Bevölkerung und für Russland gibt. Das ist alles.”

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USA: Russische Offensive nicht im Zeitplan

Die russische Militäroffensive im Osten der Ukraine läuft nach Einschätzung der USA nicht wie vom Kreml vorgesehen. “Wir glauben (…), dass sie bei dem, was sie im Donbass erreichen wollten, hinter dem Zeitplan zurückliegen”, sagte ein hochrangiger Beamter des US-Verteidigungsministeriums in Washington. “Wir glauben, dass sie bei der völligen Einkreisung der ukrainischen Truppen im Osten schon viel weiter sein hätten sein sollen.” Die ukrainischen Streitkräfte wehrten sich effektiv gegen das Vorrücken der russischen Truppen.

Infografik Welche Teile der Ukraine werden von russischen Truppen kontrolliert DE

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schätzte in seiner jüngsten Videoansprache die Lage im Osten seines Landes ein: “Wir schlagen die Besatzer in alle Richtungen, in die sie vorzudringen versuchen. Die Lage in der Region Charkiw ist schwierig, aber unser Militär und unser Geheimdienst haben wichtige taktische Erfolge erzielt.” Einzelheiten nannte er nicht.

Training für ukrainisches Militär in Deutschland

Die USA bilden in der Bundesrepublik und an anderen Standorten ukrainische Soldaten im Umgang mit militärischer Ausrüstung aus. Der Sprecher des US-Verteidigungsministers, John Kirby, teilte mit, das Training auf deutschem Boden habe bereits begonnen. Es gehe unter anderem um den Umgang mit Haubitzen und anderen Waffensystemen, die Kiew zur Unterstützung im Krieg gegen Russland bekomme. Das US-Militär arbeite hierzu mit der deutschen Regierung zusammen.

Den russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisierte Kirby wegen dessen Kriegsführung in der Ukraine auf ungewöhnlich emotionale Weise. “Es ist Brutalität der kältesten und verdorbensten Art”, sagte er und fügte hinzu. “Ich glaube nicht, dass wir das Ausmaß, in dem er diese Art von Gewalt und Grausamkeit an den Tag legen würde, richtig eingeschätzt haben.”

John Kirby

Sichtlich angefasst: John Kirby im Pentagon

Als Kirby auf Bilder von Gräueltaten in der Ukraine zu sprechen kam, rang er kurzzeitig um Fassung. Putins Kriegsbegründung, er wolle die Ukraine entnazifizieren und russische Bürger in dem Land schützen, nannte Kirby “Schwachsinn”. Kirby entschuldigte sich kurz darauf für seinen Gefühlsausbruch: “Ich wollte nicht emotional werden. Ich bitte dafür um Entschuldigung.”

G20-Gipfel in Indonesien mit Wladimir Putin?

Die US-Regierung hat die Einladung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zum G20-Gipfel in Indonesien im November kritisiert. Präsident Joe Biden habe “öffentlich zum Ausdruck gebracht”, dass er gegen eine Teilnahme Putins an dem Treffen auf Bali sei, betonte seine Sprecherin Jen Psaki. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums sagte, es könne angesichts des Ukraine-Kriegs im Umgang mit Russland “in der internationalen Staatengemeinschaft und in internationalen Institutionen” keine Rückkehr zur Normalität geben. “Die USA glauben weiterhin, dass es kein business as usual geben kann.”

Joko Widodo, Präsident von Indonesien

Will Russland nicht ausladen: Staatschef Joko Widodo

Der indonesische Präsident Joko Widodo hatte am Freitag erklärt, dass Putin am G20-Gipfel auf Bali teilnehmen werde und dass auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eingeladen worden sei. Indonesien hat in diesem Jahr die Präsidentschaft der Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer inne. Die Einladung des Nicht-G20-Mitglieds Ukraine gilt als eine Art Kompromiss dafür, dass Russland trotz des Drucks westlicher Staaten Russland nicht ausgeladen hat.

Moldau kann mit weiterer Hilfe rechnen

Frankreich und Deutschland wollen ihre Unterstützung für den ukrainischen Nachbarstaat Moldau intensivieren. In einem Telefonat hätten die beiden Außenminister Jean-Yves Le Drian und Annalena Baerbock über die Lage in der ehemaligen Sowjetrepublik gesprochen und dabei ihre “gemeinsame Entschlossenheit” bekundet, das Land “angesichts der Gefahren seiner Destabilisierung zu unterstützen”, sagte eine Sprecherin des französischen Außenministeriums in Paris.

Video ansehen 02:12

Ukraine-Invasion schürt Ängste in Moldau

Die prorussische Separatistenregion Transnistrien war diese Woche von mehreren Explosionen erschüttert worden. Diese verstärkten die Furcht vor einem Überschwappen des Ukraine-Kriegs auf Moldau.

Über den Nordpol von Tokio nach Berlin

Wegen des Ukraine-Kriegs hat Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Rückweg von seinem Japan-Besuch nach Tokio einen großen Bogen um Russland gemacht. Mit dem Airbus A350 “Kurt Schumacher” der größten und modernsten Maschine der Bundeswehr-Flugbereitschaft, überquerte er dafür sogar den Nordpol. Die Ausweichroute führte von Japan zuerst Richtung Norden über Alaska, dann nach Westen über das Nordpolarmeer und schließlich über Finnland nach Deutschland.

Rückreise Olaf Scholz

Olaf Scholz im AIrbus “Kurt Schumacher”

Nach etwa 13 Stunden und 30 Minuten und 12.319 Flugkilometern landete die Maschine am Freitagabend auf dem Flughafen BER in Schönefeld bei Berlin. Der Kanzler brauchte etwa 1 Stunde und 20 Minuten mehr als auf dem direkten Weg, der über China und dann zum größten Teil über das Riesenreich Russland führt. Der Luftraum über der Ukraine ist wegen des Krieges gesperrt, den Luftraum über Russland meiden westliche Fluggesellschaften aus Sicherheitsgründen.

wa/ack (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.