Corona-Impfstoff von Novavax zeigt hohe Wirksamkeit

Im Impfstoff-Wettrennen kommt der Impfstoff von Novavax spät. Aber der Kampf gegen SARS CoV-2 ist eher ein Marathon als ein Sprint und so könnte der Novavax-Impfstoff bei der globalen Impfkampagne eine wichtige Rolle einnehmen. Denn die verwendete Technik ist gut bekannt, der Impfstoff ist effektiv, leicht zu transportieren und zu lagern, und es lassen sich schnell große Mengen herstellen.

Wie wirksam ist der neue Impfstoff?

Mit einer Gesamtwirksamkeit von 90,4% liege der Impfstoff NVX-CoV2373 laut Unternehmensangaben mit den mRNA-Impfstoffen von BioNTech/Pfizer und Moderna etwa gleich auf. Konkret gab es in der Gruppe der zweimal Geimpften insgesamt 90% weniger Erkrankungen als bei den Ungeimpften. Vor allem aber erreichte der Impfstoff einen 100-prozentigen Schutz gegen mittelschwere und schwere Erkrankungen.

Ein Mädchen wird gegen Corona geimpft

Der Novavax-Impfstoff soll hochwirksam und gut verträglich sein

In der Placebo-Gruppe traten 63 Corona-Fälle auf, zehn davon mit moderaten und vier mit schweren Verläufen. In der Impfstoff-Gruppe gab es insgesamt nur 14 Fälle, die aber allesamt einen leichten Verlauf hatten. Insgesamt nahmen an der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie 29.960 Teilnehmer an 119 Standorten in den USA und Mexiko teil.

Wie verträglich ist der neue Impfstoff?

Laut Unternehmensangaben sei der Novavax-Impfstoff generell gut vertragen worden. Es traten lediglich die üblichen Impfreaktionen wie zeitweilige Schmerzen an der Einstichstelle, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Müdigkeit auf.

Wirkt der Novavax-Impfstoff auch bei den Virus-Varianten?

Während der Studie hatte sich in den USA und Mexiko, wo die Phase-III-Studie stattfand, vor allem die zunächst in Großbritannien entdeckte Alpha-Variante B.1.1.7 ausgebreitet. Deshalb ist es naheliegend, dass der Novavax-Impfstoff vor dieser Mutante schützt.

Bei der Beta-Variante B.1.351, die erstmals in Südafrika nachgewiesen wurde, fiel die Wirksamkeit des Novavax-Impfstoffs jedoch mit 49 Prozent deutlich geringer aus, wie eine Studie in Südafrika zeigte. Zu den anderen Varianten wie Gamma oder Delta liegen bislang noch keine Angaben vor.

Wie unterscheidet sich NVX-CoV2373 von anderen Impfstoffen?

NVX-CoV2373 ist im Gegensatz zu den bisher zugelassenen Impfstoffen weder ein mRNA-Impfstoff (wie die Vakzine von BioNTech/Pfizer und Moderna), noch ein Vektorimpfstoff (wie die Impfstoffe von AstraZeneca und Johnson&Johnson).

Stattdessen ist NVX-CoV2373 proteinbasiert: Er enthält einen winzigen Partikel des markanten Spike-Proteins. Der Impfstoff funktioniert also nach dem bekannten Prinzip wie etwa Impfstoffe gegen Hepatitis-B oder Tetanus: Das Immunsystem reagiert auf die Proteine im Impfstoff. Dabei erfolgt die Immunreaktion deutlich schneller, weil der Körper ― anders als bei anderen Impfstoffen ― diese Spikeproteine nicht erst noch produzieren muss. Aber auch Novavax muss zweimal gespritzt werden.

Bevor mRNA-Impfstoffe durch die Corona-Pandemie ihren Durchbruch feierten, galten proteinbasierte Impfstoffe als eine besonders zukunftsweisende, ausgereifte Technik, so Prof. Dr. Carlos Alberto Guzman, der Leiter der Abteilung Vakzinologie und Angewandte Mikrobiologie am Helmholtz-Zentrum: “Proteinbasierte Impfungen sind einfach sehr gut bekannt, werden in der Regel besser toleriert, und es gibt da keine großen Fragezeichen. Ein Nachteil ist, dass die Entwicklung von proteinbasierten länger dauert als bei Vektoren- oder mRNA-Impfstoffen.”

Doppelter Schutz vor SARS CoV-2 und Influenza

Außerdem ist NVX-CoV2373 ein Kombinationsimpfstoff, der gleichzeitig vor dem Coronavirus und der saisonalen Grippe schützen soll. Generell können laut Robert-Koch-Institut (RKI) alle gängigen Lebend- und Totimpfungen miteinander kombiniert und gleichzeitig verabreicht werden. Es sei ausgeschlossen, dass multiples Impfen das Immunsystem überfordert. Fraglich ist aber, ob sich eine Kombination negativ auf die Wirksamkeit auswirkt. 

Laut Guzman “stellt der kürzlich erschienene Preprint des Novavax-Protein-COVID-19-Impfstoffs NVX-CoV2373 einen Durchbruch dar. Er liefert den ersten Nachweis, dass ein COVID-19-Impfstoff gleichzeitig mit einem saisonalen Influenza-Impfstoff in zwei verschiedenen Armen verabreicht werden kann, ohne dessen Wirksamkeit zu beeinträchtigen. Dies würde die Verabreichungslogistik in der kommenden Grippesaison deutlich vereinfachen.”

Eine Spritze mit Grippeimpfstoff in einem Arm

Lassen sich künftig mögliche Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus und gegen Influenza-Viren kombinieren?

Das könnte sich als clevere Strategie erweisen: Wenn sich SARS-CoV-2 mittelfristig zu einem saisonalen Erreger entwickelt, der eine Art Erkältung verursacht, dann werden vermutlich ähnlich wie bei der Grippe saisonale Auffrischimpfungen nötig werden. Wenn ein entsprechender Impfstoff vorhanden wäre, müsste also nicht mehr zwischen den Impfungen warten und könnte sich gleich gegen beides impfen lassen. Und die nächste Grippe-Welle kommt bestimmt. 

“Wir könnten eine starke Influenza-Saison erwarten, nachdem wir alle jetzt zwei Jahre weitgehend zuhause und mit Masken unterwegs waren”, sagt der Helmholtz-Experte Prof. Dr. Carlos Alberto Guzman. “Damit könnte auch das Risiko einer kombinierten Infektion mit SARS CoV-2 und der Influenza steigen.” 

Wann ist die Zulassung für Novavax geplant?

Wenn die Studienergebnisse so vielversprechend bleiben, will Novavax bis Ende September eine Zulassung unter anderem in den USA und Europa beantragen. In der EU läuft bereits seit diesem Februar ein beschleunigtes Prüfverfahren.

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) will den sogenannten Rolling-Review-Prozess allerdings so lange fortgesetzt, bis ausreichend Daten für einen formellen Zulassungsantrag vorliegen.

Welche Rolle könnte NVX-CoV2373 in der globalen Impfkampagne spielen?

Die US-Regierung hatte die Entwicklung des Novavax-Impfstoffs finanziell stark gefördert. Inzwischen steht in den USA allerdings ausreichend Impfstoff zur Verfügung. Das eröffnet die Möglichkeit, den Novavax-Impfstoff primär anderswo einzusetzen. Denn weltweit ist der Bedarf nach wie vor gewaltig.

Gruppenfoto der Regierungschefs beim G7-Gipfel in St. Ives, England, im Juni 2021

Die G7-Staaten und die EU sind beim globalen Kampf gegen SARS-Cov-2 besonders gefordert

Beim G7-Gipfel in Cornwall hatten die Staats- und Regierungschefs bekannt gegeben, insgesamt 2,3 Milliarden Impfdosen an ärmere Länder verteilen zu wollen. Proteinbasierte Impfstoffe ließen sich bei 2 bis 8 °C deutlich unkomplizierter transportieren und lagern als die tiefgekühlten mRNA-Impfstoffe. Das könnte sich vor allem bei Impfkampagnen in strukturschwachen Regionen als sehr nützlich erweisen.

Laut Unternehmensangaben könnten monatlich zunächst 100 Millionen Impfdosen und später sogar 150 Millionen Impfdosen pro Monat hergestellt werden. Damit könnte der Novavax-Impfstoff eine entscheidende Rolle bei den Impfkampagnen in ärmeren Ländern einnehmen. “Viele unserer ersten Dosen werden in Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen gehen, und das war von Anfang an das Ziel”, sagte Novavax-Chef Stanley Erck der Nachrichtenagentur AP.