Meinung: Deutschland nur noch Mittelmaß

Und dann war es vorbei. Mit dem Schlusspfiff besiegelte Schiedsrichterin Stéphanie Frappart das Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Katar. Nach drei Spielen ist das Abenteuer für das Team von Bundestrainer Hansi Flick beendet. Und das ist mehr als verdient. Nach einer offensiv wie defensiv schwachen Vorstellung gegen Japan folgte zwar eine Leistungssteigerung gegen Spanien im zweiten WM-Spiel, doch was die DFB-Elf dann in der entscheidenden Partie gegen Costa Rica ablieferte, war schlichtweg zu wenig. Viel zu wenig. Das DFB-Team bestätigte damit einmal mehr den seit Jahren andauernden Trend: Deutschland ist nur noch Mittelmaß.

Die vor allem in der ersten Halbzeit teilweise kopflos, ideenlos und harmlos agierende deutsche Mannschaft schaffte es gegen Costa Rica – den 31. der FIFA-Weltrangliste – mal wieder nicht, offensiv Akzente zu setzen. Pässe landeten beim Gegner, Torschüsse verfehlten das Ziel um mehrere Meter und in der Defensive leisteten sich Antonio Rüdiger, Niklas Süle oder David Raum teils haarsträubende Fehler. 

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DW-Sportreporter Thomas Klein

Wie schon bei der Weltmeisterschaft in Russland vor vier Jahren muss die DFB-Elf auch dieses Mal nach der Vorrunde die Heimreise antreten. Auch bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr schaffte es das Team nicht und schied im Achtelfinale gegen England aus. Die Leistungen in Katar bedeuten einen weiteren herben Rückschlag für die deutsche Mannschaft. Insgesamt schaffte das DFB-Team nur drei Siege in den vergangenen zehn Turnierspielen – das kann nicht der Anspruch des DFB sein.

Mit dem Hubschrauber zur Pressekonferenz?

Der mit Hansi Flick vor gut einem Jahr begonnene Neuaufbau ist ins Stocken geraten. Dabei sind nicht nur die sportlichen Leistungen bedenklich, auch neben dem Platz runzelt selbst der letzte Sympathisant der Nationalmannschaft immer öfter die Stirn. Vor dem zweiten WM-Spiel gegen Spanien tauchte nur der Bundestrainer zur offiziellen Pressekonferenz in Doha auf, obwohl eigentlich auch ein Spieler erscheinen muss. Der Weg vom Team Camp in Al-Shamal bis in die katarische Hauptstadt – rund 100 Kilometer – sei den Spielern schlichtweg nicht zumutbar gewesen, erklärte Flick.

Ein Affront gegenüber der wartenden internationalen Presse und den Fans. Sogar einen Hubschrauber soll der DFB für die “weite” Anreise zum Mediengespräch bei der FIFA beantragt haben. Der Weltverband schob dem jedoch einen Riegel vor. Ein Arroganz-Anfall, der nicht zu erklären und auch nicht zu akzeptieren ist.

Zu viele Spieler sind Mittelmaß

Sportlich verfolgt die deutsche Nationalmannschaft seit Jahren die gleichen Themen: die Offensive trifft das Tor nicht und die Defensive verhindert die Tore des Gegners eher mittelmäßig gut. Es fehlt ein Stürmer, eine echte Nummer 9. Wie zuletzt Miroslav Klose oder Jürgen Klinsmann. Zwar gibt es mit Niclas Füllkrug einen Kandidaten, doch auch der Bremer Angreifer zählt nicht zur Weltspitze. In der Abwehr fehlt es den Defensivspielern schlichtweg an Qualität. Einzig Antonio Rüdiger oder Torwart Manuel Neuer erfüllen in der Regel die hohen Ansprüche. Die restlichen Akteure haben nicht die Klasse, um in der Weltspitze mithalten zu können.

Doch woher soll der Bundestrainer seine Spieler nehmen? Es hapert seit Jahren bei der Ausbildung ebensolcher zukünftiger Nationalspieler, die mit ihrer Qualität das DFB-Team wieder in die Erfolgsspur bringen könnten. Mit überwiegend mittelmäßigen Spielern reicht es dann eben nur für das fußballerische Mittelmaß.

Erst vor gut zwei Jahren wurde der DFB aktiv und baute sein Ausbildungssystem um. Aufgerüttelt durch die WM-Pleite in Russland hatte DFB-Direktor Oliver Bierhoff einschneidende Änderungen in der Ausbildung und Förderung des Fußball-Nachwuchses angekündigt. Unter dem Titel “Projekt Zukunft – Für die Weltmeister von morgen” wolle man Deutschland in den nächsten 30, 40 Jahren in der Weltspitze etablieren. Dieser Weg könnte aber wohl länger werden als gedacht. Flick steht nun unter enormen Druck, denn das nächste Turnier ist die Heim-EM in zwei Jahren. Nicht viel Zeit für den 57-Jährigen, der jetzt seine Qualität an der Seitenlinie beweisen muss.