Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung könnte bis 2035 unter Adipositas leiden. Das sind mehr als vier Milliarden Menschen, laut World Obesity Atlas 2023.
Fettleibigkeit, auch als Adipositas bezeichnet, ist eine komplexe Krankheit, die in jedem Alter auftreten kann. Sie betrifft Erwachsene und Kinder gleichermaßen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Adipositas als “abnorme oder übermäßige Fettansammlung, die ein Gesundheitsrisiko darstellt”. Es ist eine schwere Form von Übergewicht.
Im Jahr 2016 waren weltweit 1,9 Milliarden Erwachsene übergewichtig. Das entspricht 39 Prozent. 650 Millionen Menschen waren weltweit mit Adipositas diagnostiziert, was einem Anteil von 13 Prozent der Weltbevölkerung entspricht.
Nach Angaben des Globalen Gesundheitsobservatoriums der WHO hat sich der Anteil der Erwachsenen mit Adipositas seit 1980 fast verdreifacht. Kinder sind davon nicht ausgenommen – etwa 38 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind übergewichtig oder fettleibig. Hinzu kommen mehr als 340 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 19 Jahren.
Fettleibigkeit entsteht, wenn eine Person zu viele Kalorien zu sich nimmt, die der Körper dann in Fett umwandelt. Das Ungleichgewicht zwischen der Kalorienzufuhr und der Verbrennung der Kalorien kann viele Ursachen haben: Soziale, psychologische, biologische und genetische Faktoren spielen eine Rolle, aber auch der Lebensstil.
In China war Übergewicht lange ein Zeichen für Reichtum. Mittlerweile gibt es viele sogenannte “Fettcamps”. Dort werden Menschen dafür bezahlt, dass sie abnehmen.
Fettleibigkeit ist keine Frage fehlender Selbstbeherrschung
Im Gegensatz zu einer immer noch weit verbreiteten Meinung ist Fettleibigkeit nicht das Ergebnis mangelnder Willenskraft. “Wir wissen, dass Appetit und Sättigung vererbt werden und dass bis zu 70 Prozent des Körpergewichts genetisch bedingt sind. Es gibt allen Grund, Fettleibigkeit als eine chronische, schubweise verlaufende Krankheit zu behandeln”, erklärt John Wass, Professor für Endokrinologie an der Universität Oxford, gegenüber dem Fachmagazin “The Lancet”.
Die Faktoren, die für Fettleibigkeit verantwortlich sind, lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Zum einen ist es die biologische und genetische Veranlagung einer Person. Zum anderen sind es äußere Faktoren wie Umwelt und soziale Bedingungen. Dazu zählen etwa das Einkommen oder der Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung.
Genetische Faktoren, Bewegungsmangel, schlechte Essgewohnheiten, psychologische und allgemeine gesundheitliche Probleme, soziale und wirtschaftliche Bedingungen, Drogen, Schadstoffe und vieles mehr können zur Entwicklung von Fettleibigkeit beitragen.
Auch Krankheiten wie das Cushing-Syndrom, bei dem es zu gesteigertem Appetit und Gewichtszunahme kommt, können Auslöser sein. Bei dieser Störung sammelt sich Körperfett meist am Bauch und am Nacken an. Aber auch bestimmte Medikamente können zu Gewichtszunahme oder Fettleibigkeit führen, ohne dass die Betroffenen dies beeinflussen können. Dazu gehören beispielsweise Steroide und einige Antidepressiva.
Welche Folgen Fettleibigkeit für unseren Körper hat
Bei übermäßigem Fett und extrem hohem Körpergewicht kommt es zu verschiedenen, ernsthaften Symptomen: Die Patientinnen und Patienten haben meist große Probleme bei körperlichen Aktivitäten. Oft entstehen Schmerzen in verschiedenen Regionen des Körpers oder es entwickelt sich eine Osteoarthritis, eine degenerative Gelenkerkrankung. Darüber hinaus kann Fettleibigkeit besonders nachts zu Atemproblemen führen, also zu einer so genannten Schlafapnoe.
Fettleibigkeit kann Typ-2-Diabetes verursachen, den Blutdruck, den Cholesterinspiegel und den Blutzucker erhöhen. Dadurch dass sich zunehmend Fett in den Arterien ablagert, besteht eine erhöhte Gefahr für Herz- Kreislauf-Erkrankungen wie etwa Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Fettleibigkeit wird auch mit bestimmten Krebsarten in Verbindung gebracht. Dazu gehören Gebärmutter- und Speiseröhrenkrebs, Leber-, Nieren- und Dickdarmkrebs. Die Erkrankung kann die psychische Gesundheit stark beeinträchtigen, denn oft entwickeln adipöse Menschen Ängste und haben ein geringes Selbstwertgefühl. Dadurch wiederum erhöht sich das Risiko für Depressionen.
Der Body-Masss-Index, BMI
Fettleibigkeit kann mit dem sogenannten Body-Mass-Index, dem BMI, bestimmt und diagnostiziert werden. Fettleibigkeit beginnt bei einem Wert von mindestes 30. Aber bereits ein BMI-Wert von über 25 kann nach Angaben der WHO zumindest auf beginnendes Übergewicht hinweisen.
Der BMI wird berechnet, indem das Körpergewicht in Kilogramm durch das Quadrat der Körpergröße in Metern geteilt wird. Im Internet gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den BMI einfach berechnen zu lassen, beispielsweise bei der Adipositas-Gesellschaft. Die notwendigen Daten, die dazu eingegeben werden müssen, sind Alter, Gewicht und Größe. Die Berechnung geschieht dann automatisch.
Aber der BMI ist eine umstrittene Maßeinheit. Er berücksichtigt beispielsweise nicht das Geschlecht und den prozentualen Anteil der Muskelmasse am Körpergewicht im Vergleich zum Fett.
So kann zum Beispiel ein Gewichtheber mit viel Muskelmasse einen hohen BMI von über 30 haben, ohne dass sein Körper einen übermäßig hohen Fettanteil hat.
Es gibt andere Möglichkeiten, den Fettanteil im Körper genauer zu messen. “Die beste Möglichkeit, [Körperfett] zu messen, ist die Magnetresonanztomographie [MRT]”, sagt Alexander Miras, Professor für Endokrinologie an der Universität Ulster in Großbritannien.
Aber MRT-Untersuchungen sind teuer. Eingesetzt werden sie vor allem, wenn der genaue Körperfettgehalt für Forschungszwecke benötigt wird.
Ein Übermaß an Bauchfett birgt höhere Gesundheitsrisiken als Fettansammlungen in anderen Körperregionen. In den medizinischen Leitlinien wird deshalb empfohlen, den Taillenumfang und nicht nur den BMI zu betrachten, um den Gesundheitszustand einer Person zu beurteilen.
Der französische Rugbyspieler Antoine Dupont hat einen BMI von etwa 28. Damit ist er theoretisch übergewichtig – aber Muskelmasse macht einen entscheidenden Teil seines Körpergewichts aus.
Was wir gegen Fettleibigkeit tun können
Bei jedem einzelnen lässt sich Fettleibigkeit am besten durch eine ausgewogene Ernährung verhindern. Das heißt, weniger Fett und Zucker und dafür mehr Obst, Gemüse, Getreide und Nüsse essen. Wichtig ist es auch, aktiv zu bleiben oder zu werden. Die WHO empfiehlt etwa 20 Minuten Bewegung jeden Tag.
Wenn Menschen mit Adipositas ihre Lebensweise ändern und ihre Ernährung optimieren, um Gewicht zu verlieren, ist auch die Politik im Bereich Gesundheit gefragt. “Wenn überhaupt, dann wurde viel zu viel Wert auf Schuldzuweisungen und persönliche Verantwortung gelegt, auch von Seiten der Ärzte”, so Francesco Rubino, Lehrstuhlinhaber für metabolische und bariatrische Chirurgie am King’s College London, gegenüber dem Fachmagazin “The Lancet”.
Da es sich bei Adipositas um eine chronische Krankheit handelt, sollten Ärzte einen langfristigen Behandlungsplan aufstellen, der auch Änderungen des Lebensstils wie die Umstellung der Essgewohnheiten, die Umstellung auf eine ausgewogenere Ernährung und die Änderung anderer Gewohnheiten umfasst, wie etwa ausreichende Bewegung. Darüber hinaus sind regelmäßige Nachuntersuchungen wichtig.
Der Gewichtsverlust muss anfangs nicht extrem groß sein. Studien haben gezeigt, dass bereits eine 10-prozentige Verringerung des Körpergewichts Risikofaktoren, die mit Fettleibigkeit zusammenhängen, erheblich reduzieren kann. Mit einem gut durchdachten Behandlungsprogramm ist dies schon innerhalb von einem halben Jahr möglich. Intensivere Programme zur Gewichtsabnahme müssen mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen werden.
Wenn gar nichts mehr hilft
Wenn Diät und Sport nicht helfen, gibt es einige wenige Medikamente, die in den USA zur Behandlung von Fettleibigkeit zugelassen sind und die zusätzlich zu Diät und Sport eingesetzt werden können. Aber sie haben möglicherweise Nebenwirkungen. Eines der neueren Mittel auf dem Markt ist Semaglutid.
Es wird unter dem Markennahmen Ozempic, Wegovy oder Rybelsus vertrieben und wurde vor kurzem in den USA und vom National Institute for Health and Care Excellence (NICE) in Großbritannien zugelassen. Als Ergänzung zu Diät und Bewegung könnte es zu einem Gewichtsverlust von mehr als zehn Prozent führen. Das Medikament muss einmal pro Woche selbst injiziert werden. Aber unter der Therapie können Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Verstopfung auftreten.
Semaglutid reduziert den Appetit, indem es das Hormon GLP-1 imitiert, das unser Körper nach dem Essen ausschüttet.
Für Menschen mit schwerer Fettleibigkeit, in der Regel mit einem BMI von über 40, kann eine bariatrische, also eine gewichtsreduzierende Operation, wie z. B. ein Magenbypass, eine wirksame Therapie sein. Da jeder Fall anders liegt und gerade Übergewicht und Fettleibigkeit von vielen individuellen Faktoren abhängt, sollten Vorteile, Risiken und Auswirkungen des jeweiligen Verfahrens mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen werden.