Ukraine aktuell: “Terroranschlag” auf russischem Militärgelände

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Russland meldet Anschlag auf Truppenübungsplatz
  • Macron billigt Ausbildung ukrainischer Soldaten
  • Weltbank beklagt wachsende Armut in der Ukraine
  • Musk macht Kehrtwende bei Starlink-Internet
  • Botschafter Melnyk sagt “Auf Wiedersehen”

 

Bei der Vorbereitung von “Freiwilligen” auf den Ukraine-Krieg sind auf einem Militärgelände in der russischen Grenzregion Belgorod nach offiziellen Angaben mindestens elf Menschen getötet worden. 15 weitere wurden verletzt, wie das Verteidigungsministerium in Moskau weiter mitteilte. “Zwei Bürger eines GUS-Staates” hätten auf auf einem Truppenübungsplatz einen “Terroranschlag” verübt. Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ist ein loser Staatenverbund ehemaliger Sowjetstaaten.

Die Täter hätten während eines Schießtrainings mit automatischen Waffen das Feuer eröffnet, hieß es. “Die beiden Terroristen wurden erschossen.”

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am 21. September nach militärischen Rückschlägen in der Ukraine eine “Teilmobilisierung” angeordnet. Bis zu 300.000 Reservisten sollen mit dafür sorgen, besetzte Gebiete zu halten. Nach Putins Anordnung war es zu Protesten in Russland und der Flucht von Hunderttausenden Russen aus ihrer Heimat gekommen. Es gab aber auch direkten Widerstand gegen die Mobilmachung.

Macron billigt Ausbildung ukrainischer Soldaten

Frankreich will bis zu 2000 ukrainische Soldaten ausbilden. Es habe bereits Artillerie-Schulungen für die Haubitze Caesar gegeben, aber jetzt werde man etwas weiter gehen, sagte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu der Zeitung “Le Parisien”. Präsident Emmanuel Macron habe einem entsprechenden Plan zugestimmt. Zudem solle die Ukraine Flugabwehr-Systeme des Typs “Crotale” erhalten. Frankreich hat der Ukraine schon 18 Caesar-Haubitzen geliefert, weitere sollen folgen.

Ukraine-Krieg Artillerie

Ukrainische Soldaten an einer Haubitze von Typ Caesar (Archiv)

Hunderte Familien in Isjum haben wieder Gas

Nach massiven russischen Angriffen auf Anlagen der Energieversorgung in der Ukraine meldet Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Fortschritte bei den Reparaturarbeiten. In der östlichen Stadt Isjum im Gebiet Charkiw sei damit begonnen worden, die Gasversorgung wiederherzustellen, berichtete er in einer neuen Videobotschaft. “Die ersten 500 Familien der Stadt haben bereits wieder Gas in ihren Häusern.” In anderen Regionen seien am Freitag mehr als 3000 Häuser wieder an die Gasversorgung angeschlossen worden.

“Ich bin allen dankbar, die den Ukrainern ein normales Leben zurückgeben”, sagte der Staatschef. Zugleich warb er um Verständnis, dass Energieunternehmen weiterhin gezwungen seien, die Stromversorgung zu begrenzen. Auch in den zuvor von Russland besetzten Regionen in den Gebieten Charkiw, Cherson und Donezk “arbeiten wir an der Wiederherstellung der Ordnung”, so Selenskyj.

Weltbank beklagt wachsende Armut in Ukraine

Die Armut in der Ukraine hat sich nach Angaben der Weltbank in diesem Jahr verzehnfacht. Der für Osteuropa zuständige Regionaldirektor Arup Banerji verwies im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters darauf, dass die russischen Angriffe auf die Infrastruktur des Landes die Lage weiter verschlimmern könnten. Bis Ende dieses Jahres dürften 25 Prozent der Ukrainer unter die Armutsgrenze fallen, verglichen mit etwas über zwei Prozent vor dem Krieg. Bis Ende 2023 könnte mehr als die Hälfte der Ukrainer in Armut leben, meinte Banerji.

Musk macht Kehrtwende bei Starlink-Internet

Das Unternehmen SpaceX des Tech-Milliardärs Elon Musk will das Internetangebot für die Ukraine über den Satellitendienst Starlink nun doch weiter finanzieren. “Was solls… auch wenn Starlink immer noch Geld verliert und andere Unternehmen Milliarden an Steuergeldern erhalten, werden wir die ukrainische Regierung weiterhin kostenlos finanzieren”, twitterte Musk. Am Vortag hatte er die Finanzierung noch in Frage gestellt. SpaceX könne das System “nicht für immer finanzieren”, hatte der reichste Mensch der Welt erklärt. Die Ukraine koste SpaceX rund 20 Millionen Dollar monatlich.

Starlink Internet Terminals Installed - Odesa

Starlink-Empfangsstation in Odessa (Archiv)

Für die Ukraine ist die Nutzung von Starlink im Kampf gegen Russland unverzichtbar. Wo es wegen zerstörter Infrastruktur keinen regulären Zugang zu Mobilfunk und Internet mehr gibt, dient der Satellitendienst auch dem ukrainischen Militär als Kommunikationsmittel.

Bulgarien meldet massive Hacker-Attacke 

Hacker aus Russland haben in Bulgarien die Webseiten des Präsidenten, der Regierung, wichtiger Ministerien und des Verfassungsgerichts angegriffen. Dabei wurde laut amtlichen Angaben der Zugang zu den betroffenen Seiten blockiert oder verlangsamt.

“Das ist ein Angriff auf den bulgarischen Staat”, sagte Generalstaatsanwalt Iwan Geschew – er sprach von einem “ernsthaften Problem”. Als Teil der europäischen Familie verteidige Bulgarien europäische Werte, betonte Geschew. Daher sei es “normal”, dass dies auch Folgen habe, so der Chefankläger.

In Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt das NATO- und EU-Mitglied Bulgarien die ukrainische Seite durch humanitäre Hilfe. Zudem nimmt das südosteuropäische Land ukrainische Kriegsflüchtlinge auf.

Botschafter Melnyk sagt “Auf Wiedersehen”

Nach fast acht Jahren als ukrainischer Botschafter in Deutschland ist Andrij Melnyk in die Ukraine zurückgekehrt. Er überquerte am Samstagabend die Grenze zur Ukraine. “Home Sweet Home”, schrieb er am Grenzübergang auf Twitter. “Unser Kampf geht weiter. Die Ukraine wird siegen. Liebe deutsche Freunde, danke für alles. Und auf Wiedersehen.”

Der 47-Jährige hatte mit einer oft undiplomatischen Wortwahl für Aufsehen gesorgt. In den ersten Kriegsmonaten wurde Melnyk zu einem der häufigsten Gäste in deutschen Talkshows. Kaum ein Tag verging, an dem er nicht Kampfpanzer und Luftabwehrgeschütze einforderte und der Bundesregierung Zögern und Zaudern vorwarf. “Ich glaube, es ist mir gelungen, die Deutschen für das Thema Ukraine zu interessieren, dafür zu sorgen, dass man die Ukraine hier wirklich erkennt und versteht”, sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vor seiner Abreise.

Andrij Melnyk, scheidender Botschafter der Ukraine

Andrij Melnyk während des dpa-Interviews

Am Montag wird Melnyks Nachfolger Oleksii Makeiev in Berlin erwartet. Der Wechsel an der Spitze der Botschaft wird formell aber erst mit der Akkreditierung bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vollzogen, für die es noch keinen offiziellen Termin gibt. Melnyk selbst ist nun als ukrainischer Vizeaußenminister im Gespräch – ein Posten, den er schon früher einmal hatte. Die Regierung in Kiew hat aber noch nicht abschließend darüber entschieden. “Deswegen bin ich selbst gespannt, was auf mich zukommt. Ich werde wahrscheinlich am Dienstag Präsident Selenskyj sehen. Und er wird mir dann hoffentlich persönlich sagen, wo er mich in seinem großen Team sieht”, sagte Melnyk.

Heil: Status von Geflüchteten entlastet Kommunen

Der deutsche Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil will wohl an höheren Hilfsleistungen für Geflüchtete aus der Ukraine im Vergleich zu Asylbewerbern festhalten. “Die Menschen fliehen vor einem schrecklichen Krieg, den Putin angezettelt hat”, sagte der Sozialdemokrat dem Berliner “Tagesspiegel” (Sonntag). “In der EU haben wir gemeinsam entschieden, dass die Geflüchteten aus der Ukraine kein Asylverfahren durchlaufen müssen, sondern ihr Aufenthaltsstatus klar ist.” Damit hätten sie Anspruch auf Grundsicherung und könnten eine Beschäftigung aufnehmen. “Das entlastet übrigens auch Kommunen und Länder finanziell, weil die Grundsicherung weitestgehend vom Bund getragen wird. Da gibt es überhaupt nichts zurückzunehmen”, betonte Heil.

wa/ack (dpa, afp, rtr, kna)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.